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Km 4051 - Km 4233_Nea Karvali - Alexandropoli


Nachdem wir uns am Morgen von Michael verabschiedet haben, steuern wir heute Fanari, direkt an der Lagune gelegen an. Seit gestern fahren wir auf für Mike bekannten Pfaden.

Gestern in Kavala haben wir es uns nicht nehmen lassen, am genau gleichen Ort ins Meer zu springen, wie er das vor drei Jahren schon gemacht hat. Cynthia wagte sich nur bis zu den Knien ins kühle Nass. Aber Mike, der springt gleich mitsamt seinen Kleidern rein. Eine gute Idee, denn so wurde er vom plötzlichen Gewitter nicht neu durchnässt. Er kannte es so quasi schon. Aber das war gestern und wir sind ja heute im heute. Also.

Seit ein paar Kilometern spielt das GPS verrückt. Vielleicht liegt es daran, dass wir bereits nahe an der türkischen Grenze sind. Wer weiss das so genau. Jedenfalls sind viele der Strassen entweder auf dem GPS oder in Wirklichkeit nicht vorhanden und so entscheiden wir uns, weiter der E90 in Richtung Xanthi zu fahren und auf die Nebenstrassen grösstenteils zu verzichten. Vierzehn Kilometer vor Xanthi biegen wir dann rechts ab und gelangen nun auf vorhandenen Nebenstrassen nach Efialo. Aus einer Werkstadt heraus ruft es „Hello, hello come in, have coffee“. Und so halten wir an und begrüssen die Mechaniker. Ob wir aus Deutschland seien, wollen sie wissen. Das wollen alle wissen. Germany? No Switzerland. Holland? No Switzerland. Italy? No. Switzerland. Ah Germany. Die Schweiz wird irgendwie nicht akzeptiert. Entweder ist das Land hier in Griechenland völlig unbekannt oder es ist absolut abwegig, dass jemand von der Schweiz hier ist. Oder sie finden das Land sei so klein, dass es also doch Deutschland ist. Wir versuchen teilweise auf einer Karte oder mit vielen Gesten zu erklären, dass wir aus der Schweiz sind. Umsonst. Ab und zu gehen wir dann halt als Schweden durch. Auch gut. Nach einem Schwatz bei den Mechanikern verabschieden wir uns wieder. Kaffee gab es keinen. Lustig.

Von Efialo aus fahren wir das erste mal auf dieser Reise alles gerade aus. Dreissig Kilometer nur gerade aus. Flach und gerade. Wir sind ziemlich geschafft und beschliessen, morgen einen freien Tag einzulegen. Eine richtige Pause hatten wir schon lange nicht mehr. Einen richtigen plämpitag gab es das letzte Mal in Igoumenitsa und so ist es nun höchste Eisenbahn mal wieder zu Entspannen. Top motiviert von dem Plan sammeln wir unsere letzten Kräfte zusammen und malen uns gegen den Wind strampelnd aus, was wir morgen alles machen oder eben vor allem nicht machen wollen. Die Lagune ist sehr schön und wir fahren – wie so oft – immer noch gegen den Wind über die Passage, welche die Lagune vom Meer trennt. Wir haben die Strecke unterschätzt. Die Fahrt nach Fanari dauert länger als wir dachten und die Fahrt auf der Geraden ist sehr anstrengend. Umso mehr freuen wir uns, als wir vor dem frisch gestrichenen Tor des Campingplatzes stehen. Hellblau und Weiss strahlt es uns piekfein entgegen. So überrascht uns der etwas hohe Preis auch nicht. Mike übernimmt das Check-In und wird von der Rezeptionistin aufs unfreundlichste angekeift. Kurzum beschliessen wir, nur eine Nacht zu bleiben und unser Päuschen zu verschieben.

Der Camping ist die reinste Katastrophe. Oh no. Die Duschen teilen wir mit vielen Spinnen, die Abflüsse sind schleimige, offenstehende Löcher, die Wasserhähne die funktionieren tropfen die ganze Zeit auf die bereits gebildeten Algen. Aus den Lichtschaltern kriechen hunderte von Ameisen und nach dem Duschen fühlt man sich, als müsste man Duschen gehen. Der Boden ist mit einer dichten Schicht Stroh belegt und es wimmelt von Ameisen. Ameisen, Ameisen, Ameisen. Überall. Wir brauchen eine Weile, bis wir einen Platz finden, an dem wir nicht gleich von Anfang an gefressen werden. Die Campingbesitzerin fragt uns schroff, ob wir ein Problem hätten. Auf die Aussage hin, dass es ziemlich viele Ameisen habe, meinte sie nur „This ist Nature“. Ähm. Ja. Alles klar. Wir beschliessen nach dem Aufbau, den Strand zu erkunden und laufen so durch den gesamten Campingplatz. Überall sind Baustellen, eingeschlagene Fenster, Rost, Steine, Farbkessel, Schrott. Der Strand ist voll mit Scherben und Dreck. Das Ganze wirkt, als hätte hier in den Sechzigerjahren der Bär gesteppt. Und seit da hat sich kein Mensch mehr um die Lage gekümmert.

Wieder zurück auf dem Camping sehen wir gerade zwei Radfahrer einchecken. Andrea und Jilbert aus London. Wir haben sie bereits in Thessaloniki kennen gelernt und freuen uns, sie heute wieder zu sehen. Wenige Zeit später trudelt auch Michael ein. Der fängt sich übrigens auch noch eine Zecke ein. Camping ahoi. Dass wir hier nicht frühstücken versteht sich von selbst und so packen wir am morgen in Windeseile unsere Sachen zusammen und verzeihen uns vom hässlichsten Camping dieser Reise. Das Frühstück geniessen wir auf einem Parkplatz. Hier ist es viiiiel schöner. Wir sind ziemlich erschöpft. Schliesslich haben wir ja gestern unsere Reserven gebraucht, da wir damit gerechnet hatten, dass wir heute frei haben. Aber äbe.

Und so trampeln wir etwas missmutig nebeneinander her. Die Strassen sind ein einziges Wirrwarr. Karte, GPS und Realität werden sich nicht einig und so haben wir mehrmals das Gefühl uns verfahren zu haben. Zwischendurch attackieren uns auch die Hunde. Aber das ist ja schon ein alter Hut. Nach Neo Sidirochori machen wir einen kurzen Stopp an der Tankstelle. Wenige Sekunden nach uns treffen die beiden Londoner ein. Auch sie haben heute das Gefühl, sich ständig zu verfahren. Sie sind eine ganz andere Route gefahren, haben aber ähnlich viele Kilometer. Ein Bauer erklärt uns den weiteren Weg nach Alexandroupoli. So fahren wir zu viert bis zur nächsten Kreuzung wo der Bauer tatsächlich auf uns wartet und kontrolliert, dass wir auch ja die richtige Abzweigung nehmen. Dankeschön. Nur noch fünfzig Kilometer. Was? Fünfzig? Ohjemine. Da kein anderer Camping in Sicht ist, und wir endlich einen Plämplitag möchten, bleibt uns aber nichts anderes übrig. Und so machen wir uns mit Andrea und Jilbert daran, die zwei Hügel vor Alexandroupoli zu bewältigen.

Kurz vor Alexandroupoli trennen sich unsere Wege. Andrea und Jilbert wollen so schnell wie möglich nach Istanbul um da einen Flug nach Hause zu bekommen. Ein Geschenk des Himmels. Der Camping in Alexandroupoli ist perfekt. Meer, Mini Market, Restaurant, Wiese, Saubere Sanitäranlagen. Juhui. Hier bleiben wir. Denn wir haben was zu feiern. Ein Viertel Jahr Pedaleurs. Am Abend bekommen wir Besuch. Auch Michael ist hier. Und auch er braucht eine Pause.

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