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Km 4909 - Km 5154_Kilimli - Kastamonu


Nach einem feinen Zmorgen in der mucksmäuschenstillen Hotelhalle, wo die Atmosphäre irgendwo zwischen verklemmt und spooky lag, starten wir unseren Fahrtag.

Die steile Strasse führt uns entlang der Küste zuerst nach Catalagzi, wo ein begeisterter Vater Mike gleich seine Tochter andrehen wollte. Die Enttäuschung war ihm ins Gesicht geschrieben, als Cynthia wenige Minuten später dazu geschoben kam.

In dem Tal treffen wir auf eine Unmenge an Industrie. Hier wird Kohle abgebaut, was der Berg hergibt. Den ganzen Tag über wechselt der Strassenbelag. Wir schieben viele Hügel hoch, und lassen uns anschliessend wieder runter rollen. In Türkali gönnen wir uns zum Zmittag je vier Schokopuddings und fahren anschliessend zuckershockisiert weiter, südwärts, in Richtung Bartin. Die Türken, welche normalerweise in Deutschland leben, geniessen gerade ihre Ferien in ihrem Heimatland. Durch den Feiertag sind nun viele von ihnen unterwegs, um Bekannte zu besuchen. Ihr Nationalstolz ist nicht nur anhand der Autonummern unübersehbar, so kommen sie aus LÖ xx 67 oder aus HH xx 0670, die 67 ist der regionale Code von der Gegend. Die Strasse ist mittlerweilen wieder schmaler und wir fahren durch die landschaftliche Türkei. Uns wird gewunken, gerufen oder natürlich gehupt.

Kurz vor Bartin werden wir von einer herzigen Familie zum Tee eingeladen. Wir bekommen Tee, Wasser, Weinblattrollen und die wohl alleralleraller besten Baklava auf der ganzen Welt. Die Familie ist sehr grosszügig und das obwohl man sieht, dass sie selber wohl nicht genug haben. Wir werden verwöhnt und dürfen das Haus erst nach über einer Stunde wieder verlassen. Nicht aber, ohne dass uns die Mama noch fünf Gurken einpackt. Es ist begeisternd, wie herzlich die Menschen hier auf uns zu gehen. Lustig ist auch, dass während der gesamten Zeit kaum das Gespräch mit uns gesucht wurde. Wir sassen einfach da und assen. Unterhalten hat sich die Familie miteinander oder mit anderen Besuchern. Ganz nach dem Motto: Die Touristen sollen sich ausruhen und Ausruhende soll man nicht stören.

Gegen Abend treffen wir in Bartin ein. Für die nächten paar Tage tätigen wir unseren Grosseinkauf. Uns wurde vorgängig erzählt, dass es die schönste Stadt der Türkei sei. Wir haben wohl die falschen Strassen erwischt. Aber das Nachtessen, das wir uns gegönnt haben, war sehr gut. Nachdem Kilimli die Stadt der Hunde war, ist Bartin auf jeden Fall die Stadt der Katzen. Überall streunen sie herum. Zwischen den Häusern, auf der Strasse, im Restaurant, an der Mülltonne, um die Pédaleurs. Katze hier, Katze dort. Wir verlassen Bartin noch an diesem Abend nordwärts und fragen in einer Tankstelle an, ob wir unser Zelt im hinteren Bereich aufstellen dürften. Wir sind wiederum herzlich willkommen. Beantworten mit Hilfe von Google Translator die wichtigsten Fragen und stellen anschliessend bei Sonnenuntergang unser Zelt direkt neben die Tankstelle. Die Nacht ist gut und wir fühlen uns sehr wohl. Tankstellencamping ist lustig und wir werden das sicher noch das eine oder andere Mal machen.

Wir folgen nun dem Fluss Gökimak in Richtung Safranolu. Als erstes werden wir gleich von einem starken Anstieg begrüsst. Anschliessend fahren wir kilometerweit durch das verwunschene, vernebelte Tal. Die Gegend wirkt wie verzaubert. Trotz dem, dass weder auf Karte noch auf GPS Dörfer verzeichnet sind, hat es einige an Häusersiedlungen unterwegs. Heute knacken wir unsere 5‘000 Kilometer. Nach einer Party mit Cola und Chips fahren wir gemütlich vor uns her und beschliessen gegen viertel nach Zehn, dass es Zeit wird für ein Mittagessen. So spannen wir unser Tarp direkt am Fluss auf, breiten eine Picknickdecke aus, Kochen, Essen und Pfüselen dann eine Runde. Ab und zu fahren Anwohner langsam vorbei. Man muss ja schliesslich wissen, was da fremdes herumstreunt. Gegen halb Drei fahren wir weiter. In den nächsten zehn Kilometern erwarten uns achthundert Höhenmeter. Wir schieben also unsere beiden treuen Begleiter den Berg hoch und schwitzen in der nachmittäglichen Sonne. Schon früh am Nachmittag machen wir uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz. Keine leichte Aufgabe. Link und rechts geht es steil den Hang hoch und runter. Immer wieder durchqueren wir Weiler oder hören ganz in der Nähe Hundegebell. Es ist heiss und der Teer unter unseren Füssen löst sich auf. Wir kleben immer wieder am Boden fest. Gegen halb fünf, nach drei Stunden schieben, werden wir fündig. Eine alte Kurve, die von der neuen Strasse nicht übernommen wurde, ist noch vorhanden. So schlagen wir unser Zelt auf dieser Kurve, umgeben von Wald, direkt neben einem bis auf die letzte Schraube auseinander genommenem Autowrack auf. Die Nacht ist ruhig und wir schlafen sehr gut. Nur die ständige Schiesserei ist etwas beunruhigend. Wir einigen uns darauf, dass das automatische Warnschüsse gegen Wildtiere sind. However. Wir wissen es nicht. Den Schiessereien begegnen wir auch in den nächsten Tagen und immer wieder liegen Patronenhülsen auf der Strasse, oder die Verkehrsschilder sind durchlöchert. Schiessen ist eine Art Hobby hier.

Früh am morgen machen wir uns an die letzten paar Kilometer des gestern nicht abgeschlossenen Aufstiegs. Um halb Neun erreichen wir gemäss Tafel den Gipfel auf 1'030 Meter über Meer. Gerade als wir oben angekommen sind, und uns eine Pause gönnen, hält ein Kleintransporter neben uns an. Er bietet uns an, uns und unsere Fahrräder nach unten zu fahren. Was? Ist das dein Ernst? Wir kraxeln und schieben und schnaufen und ächzen und schwitzen seit Stunden hier hoch, in der Vorfreude, die Abfahrt zu geniessen, und du willst uns nach unten fahren? Äähm. Nein Danke. Aber herzig ist es trotzdem.

Die Abfahrt in Richtung Eflani wird dann tatsächlich jäh von einem Anstieg unterbrochen. Die nächsten Kilometer fahren wir durch die Prärie. Es geht hoch und runter. Immer wieder, immer wieder.Die Landschaft ist wunderschön und wir sind begeistert von der Abwechslung, die dieses Land zu bieten hat. Nachdem wir ein paar zum Teil verlassene Weiler passiert haben, erreichen wir gegen Mittag Eflani. Diese Stadt hat 2'200 Einwohner. Zum Zmittag essen wir fantastische Pide und nehmen uns von der dazugehörigen Bäckerei noch ein paar Naschereien mit auf den Weg. Als Cynthia im Restaurant nach der Toilette fragt, wird sie einige Strassen weiter geschickt. Zur Apotheke. Da angekommen zeigt man ihr den Weg zur Dorftoilette. Eine öffentliche Toilette mit Waschvorrichtung und fliessend Wasser. So ist das hier auf dem Land. Eine Toilette für alle.

Ein paar Kilometer nach Eflani legen wir uns in einen Park und geniessen ein Schläfchen im Schatten. Als es gegen 16:00 Uhr kühler wird, machen wir uns an die Weiterfahrt. Die Strasse wird jäh von Bauabeiten unterbrochen. Nur noch Kies und Sand zeigen an, wo die Strasse ist. Es ist wieder einmal steil und so schieben wir die Räder auf rutschigem Boden etwa zweihundert Höhenmeter, auf den nächsten Pass. Hier wollen wir unser Zelt aufstellen. Es hat genügend Fläche und ist ruhig. Aber wir entscheiden uns dann doch anders und wollen noch schauen, ob es wohl am nahe gelegenen Fluss ein Plätzchen für uns hat. Diese Idee ist nicht so gut. Denn sobald wir die Gegend mit den unzähligen schönen Schlafmöglichkeiten verlassen haben, steuern wir auf ein Gebiet voller Baustellen zu. Überall hat es Baustellen, Umfahrungen, Dörfer, Weiler, steile Hänge und Hirten. Die Menschen, denen wir begegnen, beobachten uns argwöhnisch. Daran, das Zelt hier aufzustellen, ist nicht zu denken. Kein Problem, denken wir. Es dauert noch drei Stunden bis Sonnenuntergang. Und genau diese drei Stunden brauchen wir anschliessend tatsächlich auf der Suche nach einem Plätzchen. Kurz nach Karacaören finden wir, versteckt hinter ein paar Bäumen, eine Lichtung.

Es gefällt uns hier. Die Gegend sieht aus wie im tiefsten Norwegen und es ist ruhig. Hier ist es so einsam und wir sind ganz alleine. Denken wir. Auf einmal hören wir von rechts den Hirten, von vorne einen Hund, von links wird geschossen und hinter uns schlagen Autotüren auf und zu. Gesehen haben wir niemanden. Als dann bei Sonnenuntergang geschlagene fünf Minarette zu hören sind, können wir uns schon ausmalen, dass wir wohl doch nicht so weit von der Zivilisation entfernt sind. Wir schlafen aber sehr gut und werden in der Nacht nicht gestört. Über den Besuch der zwei Rehe am Morgen freuen wir uns. Als wir am Morgen losfahren, entdecken wir, dass wenige Meter neben uns jemand anderes übernachtet hat. Gspässig.

Wir fahren weiter in Richtung Daday. Immer noch sind wir im dichten Wald. Die Gegend ist wunderschön. Fichtenwald, soweit man sehen kann. Wir sind so richtig auf dem Lande. Die paar Menschen, die unseren Weg kreuzen, erschrecken sich eher ab uns als dass sie sich freuen. Und so trampeln wir, meistens leicht bergab, unter schrägen Blicken in die Stadt. Daday hat geschlagene 3'300 Einwohner. Wir kaufen uns ein paar Softdrinks und fahren weiter nach Kastamonu. Nachdem wir im Hotel eingecheckt haben, duschen wir das erste Mal nach drei Tagen. Kastamonu ist eine herzige Stadt. Hier bleiben wir zwei Nächte, bevor wir weiter in Richtung Sinop fahren.

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