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Km 20555 - Km 20943_Hyden - Esperance


Nach einem gemütlichen freien Nachmittag in Hyden, packen wir beim kommenden Sonnenaufgang unsere Sachen wieder zusammen, toasten unsere letzten drei Scheiben Brot in der Campingküche und pedalieren in Richtung Norden zum Lake King. Der Wind ist heute unser bester Freund. Jedenfalls am Anfang. Wir haben so starken Rückenwind, dass wir mit pedalieren kaum nachkommen. Holzaalänge, dass das in den kommenden Wochen so bleibt und es weiterhin von West nach Ost pustet. Bitte nicht andersumen. Dank des Windes kommen wir natürlich auch sehr zügig voran. Anders als ursprünglich geplant, entscheiden wir daher, noch an diesem Tag die gesamten 128 Kilometer bis Lake King zu fahren. Die ersten einhundert sind wunderbar. Anschliessend holen uns die schweren grauen Wolken ein und es fängt an zu regnen. Es hudelt richtig und die Tropfen die auf uns einprasseln sind eisig. Kurz vor dem Ziel müssen wir nun auch noch einen Bogen fahren, was uns die Eistropfen geradewegs ins Gesicht pusten lässt. Brrrr. Gegen halb fünf Uhr Nachmittags - also eine Stunde vor der Finsternis - erreichen wir den ersehnten Camping. Nachdem wir beim dazugehörigen Roadhouse mit Pommes Chips und Schoggi den ersten grossen Hunger besiegten, stellen wir unser Zelt auf. Der Camping ist nur halbwegs einladend, wir haben uns von dem berauschenden Ortsnamen etwas Anderes vorgestellt. Aber dafür, dass der Ort wohl kaum mehr als 200 Einwohner zählt, ist es tiptop. Zum Abendessen gehen wir zurück ins Roadhouse und bestellen uns grosse Burger mit Pommes. Trotz des langen Fahrtages schaffen wir es nicht, die ganze Portion zu verdrücken. Da sind wir aber die einzigen; denn die - äähm, sagen wir mal - pummeligen Einwohner mampfen sich ohne ein Augenzwinkern durch zwei solcher Portionen. Es ist sowieso erschreckend, wie viel der eine oder andere Australier, der uns hier begegnet auf die Waage bringt. Nur wenige wiegen wohl unter 100 Kilogramm. Kein Wunder - Fast Food kostet hier auch knapp die Hälfte wie gesunde Lebensmittel. Die Einhundertachtundzwanzig Kilometer waren gestern wohl einfach etwas zu viel. Wir sind grumpelig. Grantig. Gnärvt. Und wollen am nächsten Morgen so schnell wie möglich den Ort Ravensthorpe erreichen. Dass wir die letzten Tage beinahe den ganzen Tag für 70 Kilometer brauchten, blenden wir gekonnt aus und stramplen wie die blöden entlang der Agrarkultur Westaustraliens. Die Roaddräsinen sind nun wirklich Roadtrains geworden und weisen inzwischen bereits drei Anhänger auf. Nachdem wir den Brookton Highway verlassen haben, trudeln wir nun auf dem South Coast Highway in Richtung Ravensthorpe ein. Am frühen Nachmittag erreichen wir so unser Ziel, gehen planlos Einkaufen und stellen unser Zelt auf dem Ortscamping auf. Dieser gefällt uns schon viel besser. Der Besitzer gibt sich grosse Mühe und es ist richtig herzig. Auf der Wiese tummeln zwei Alpakas, ein Schaf und eine kleine Zwergziege. Überall zwitschern Vögel und die Frösche quaken vom anliegenden Teich. Wir stellen unser Zelt direkt neben die offene Campingküche und ordnen die Einkäufe. Anschliessend zerreisst die Eine das Zelt und der Andere repariert es wieder. In der Campingküche hat es auch einen Fernseher. Dieser wird direkt von mehreren anderen Campern in Beschlag genommen. Also natürlich erst nachdem typischen wie-funktioniert-das-Ding-wir-müssen-den-Besitzer-aufscheuchen-weil-die-Technik-nicht-so-ganz-unser-Ding-ist Getue. Und das obwohl, sie alle ihren eigenen TV im Campervan haben. Uns ists egal und wir nöschelen uns im Zelt ein. Als der Regen einsetzt, schlendern die Fernsehgucker weg und man sieht wenige Minuten später aus jedem einzelnen Wagen ein blaues Licht flackern. Schon verrückt, dass man scheinbar nicht einmal beim Campen auf den Fernseher verzichten kann. Am nächsten Morgen gönnen wir uns ein fettes Zmorgen. So richtig super. Mit Bohnen, Speck, Toastbrot, Nutella, Ovomaltine und Kaffee. Anschliessend strecken wir die Beine und beschliessen, eine zweite Nacht zu bleiben. Ganz nach dem Pédaleursmotto 'No regrets und ohni Ghetz'. Nachdem alle Kleider einmal durch die Waschmaschine gewuselt sind, spannen wir noch die Wäscheleine und lassen alles trocknen. Anschliessend wird im Verlauf des Tages irrsinnig viel gelesen, genäht, gedöst und gefaulenzt. Wir sind mittlerweile beinahe alleine auf dem Camping und so getrauen sich das Schaf und die Ziege in unsere Nähe. Das Schaf steuert zielgenau auf Cynthias Fahrrad zu und frisst ohne zu Zögern eine ihrer Plastikblumen die am ganzen Rahmen befestigt sind. Phuuu, wenn das kein Bauchweh gibt. Ausser dem Schaf und dem Geissli haben wir noch eine weitere tierische Freundin auf dem Platz. Wilhelmine. Sie ist eine Krähe und jammert den ganzen Tag über vor sich hin. Es scheint, als würde sie ihren Gemahlen suchen. Wir taufen den imaginären Kräherich Herbert. Bis zu unserer Abreise jammert Wilhelmine vor sich hin - wahrscheinlich hat sich Herbert deswegen aus dem Staub gemacht. Am Nachmittag fängt es an zu Regnen. Aber richtig. Es herrschen mittlerweile unter 10 Grad und es wird echt zapfig. Anstatt uns zu verkriechen haben wir die superschlaue Idee, noch einmal in den Laden zu spazieren. Nach knapp fünfzig Metern geben wir auf, völlig durchnässt und auf die Knochen durchgefroren. Regenhosen nützen ja auch wenig, wenn sie im Zelt liegen. Und so verbringen wir den Abend und die Nacht damit, uns wieder aufzuwärmen. Der Wind hat die Wolken weggeweht und ein strahlend blauer Himmel begrüsst uns beim Aufstehen. Zeit für mehr Bohnen, Speck, Toast und und und. Danach wird gepackt und wir machen uns auf in Richtung Osten. Wir profitieren wiederum von super Rückenwind. Huiii - das Velo kommt richtig gut vorwärts. Wir machen einige längere Pausen und knabbern am einen und anderen Salami Käse Brot. Kurz bevor wir Munglinup erreichen, fängt es wieder an zu regnen. Wie immer, sinken die Temperaturen ins Bodenlose und unsere Kleidertaschen sind fast leer, bei all den Klamotten die wir uns überwerfen. Aber irgendwie geniessen wir das Schmuddelwetter auch. Ist schön, mal nicht andauernd zu schwitzen und sich bereits um acht Uhr morgens nach einer Dusche zu sehnen. Als wir Munglinup erreichten, setzen wir uns vis à vis der Tankstelle unter einen Pavillon und knabbern ein weiteres Sandwich. Danach machen wir uns über den Schoggimuffin her, den wir in der Tankstelle erstanden haben. Mmmmh. Best ever. Nun fahren wir frisch gestärkt noch einmal etwa zwanzig Kilometer. Während dieser Stunde verändert sich das Wetter etwa sechzehn Mal. Es regnet, der Himmel ist blau, es regnet. Läck. Man ist immer falsch angezogen. Auf einem Hügel wartet ein Mann neben seinem Fahrzeug auf uns und schenkt uns seine Leuchtweste, als wir bei ihm ankommen. Mega lieb. Sowieso sind alle Australier, die wir bis jetzt trafen äusserst herzlich. Die meisten winken uns, oder plaudern bei Gelegenheit mit den kuriosen Ausländern. Auf der anderen Seite des Hügels sehen wir einen Regenbogen. Wunderschön, riesen gross. Bis zum Horizont erstrecken sich die Farben. Und sogar der Zwilling ist gut zu sehen. Märlihaft. Kurze Zeit später entdecken wir einen Feldweg und schaffen es gerade noch vor dem grossen Sturm unser Zelt aufzubauen. Es ist halb vier Nachmittags und wir lümmeln uns in die Schlafsäcke. Wir nutzen die Zeit vor dem Schlafen für viel Geplauder. Und versuchen eine mehr oder weniger klare Struktur und Länderaufreihung für die nächsten Monate zu erstellen. Will see, was kommt. Aber so im geschützten Zelt, vom Regen geschützt, hörten sich die Zukunftspläne super an. Nun ist schon Freitag und wir packen mit eisigen Fingern unser Hab und Gut zusammen. Wir brauchen ewig - denn zwischen jedem Gepäckstück das gepackt wird, müssen wir einige Meter entlang dem Feldweg laufen um uns von der dort bereits scheinenden Sonne aufzuwärmen. Die Fahrt an diesem Tag verläuft aufregungsfrei. Es geht weiterhin leicht hoch, aber heute mehr runter. Und schon gegen vierzehn Uhr erreichen wir nach etwas über 90 Kilometern Esperance. Die grösste Ortschaft weit und breit - die erste Stadt, seit wir Perth verlassen haben. Es ist super schön hier. Und: Wir sind wieder am Meer. Judihui. Auf dem Seefront Caravan Park finden wir ein geeignetes Plätzchen für unser Zelt. Wir bleiben wiederum zwei Nächte. Zum einen, weil es einfach schön ist hier und zum andern, weil wir für hier den Grosseinkauf geplant haben, der uns durch die nächsten Wochen füttern soll. Nachdem wir das Zelt aufgestellt und uns etwas eingenöschelt haben, spazieren wir in den Städtchenkern. Hier gibts erstmal was vom Mc Donald. Isch doch eifach fein. Anschliessend watscheln wir die drei Kilometer zurück und kommen auf dem Weg an einem Outdoorladen vorbei. Hier gibt es neue Spannriemen, Schletzgummis und eine Regenhose. Aufregendes Shopping für Langzeitreisende so quasi. Danach marschieren wir noch das letzte Stück, bewundern die Wendemanöver der Öltanker, freuen uns ob dem schönen Abendlicht, hüpfen unter die Dusche und versinken schon bald in einen tüüfe, gsunde Schloof. Ned wohr. Nun heute ist Samstag und wir schlafen aus. Fast bis Sieben Uhr. Dann haben wir Hunger und quälen uns mühsam aus den Daunen. Heute gibts Kellogs. Jupiduu. Danach machen wir in der Campingküche ein riesen Gelage mit all unseren Lebensmitteln, die wir noch haben. Für die nächsten Wochen müssen wir uns rüsten - schliesslich wird uns während ungefähr 1200 Kilometern kein anständiger Laden mehr anlachen. Daher einmal eine Soll-Haben-Kaufen Postiliste erstellen, Poschtizätteli in den Hosensack stopfen und ab in den Laden. Ewig dauert der Einkauf. Dies und das und wäre und hätte und sollte. Schwer bepackt kommen wir anschliessend zurück, ergänzen die Auslegeordnung und packen alles mehr oder weniger sinnvoll in die Packtaschen. Ganz knapp heds gnueg Platz gha.

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