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Km ۸۳۴۷ - Km ۸۵۰۸_Natanz - Isfahan


Früh am Morgen ziehen wir weiter und müssen uns von Saeed verabschieden. Wir sind unglaublich dankbar für die schöne Zeit mit ihm, überwältigt von seiner Gastfreundschaft und überfordert mit seiner Grosszügigkeit. Iraner sind wirklich das grosszügigste Volk, das wir je kennengelernt haben.

Vor der heutigen Strecke wurden wir gewarnt. Es gehe steil bergauf hiess es. Wir haben hin und her überlegt, ob wir wohl nicht doch besser den Highway nehmen sollen. Dieser verläuft grundsätzlich ja eher in den flachen Ebenen. Nach langer Diskussion entscheiden wir uns dann doch für die kleine Strasse, die wir schon gestern genommen haben. Gute Wahl. Die Steigung führt uns auf eine Höhe von über 2‘000 Metern über Meer – Pédaeleursrekord – ist jedoch sehr angenehm zu meistern. Zu unserem Glück setzt auch heute wieder erneut ein leichter Regen ein, sodass wir bei sehr angenehmen Temperaturen durch die Wüste strampeln können.

In Tarq angekommen – eine Stadt mit geschätzten 1‘000 Einwohnern – werden wir vom Bürgermeister angehalten. Er gibt uns einen Stadtplan seines Kaffs, auf dem alle Sehenswürdigkeiten vermerkt sind. Wir drehen uns einmal im Kreis und haben direkt alle Objekte der Begierde in Sichtweite. Zur Verabschiedung posieren wir noch für ein Foto.

Wenige Kilometer später sind wir auf dem Gipfel angekommen. Während unserer Pause fahren drei monströs grosse Lastwagen mit uunglaublich grossen Metallrohrdingens beladen an uns vorbei. Wir nehmen an, die Lieferung führt an den Ort, an dem wir gestern keine Pause machen durften und verzichten präventiv auf Fotos.

Unser Plan war es, nach ungefähr 80 Kilometern das Zelt aufzuschlagen. Aber wir haben keine Chance. Überall ist das Militär stationiert und wir finden keinen abgelegenen respektive unbeobachteten Flecken. Das ist echt etwas mühsam.

Zu unserem Glück führt die Strasse während der nächsten fünfzig Kilometer stets leicht bergab. Und

wir erreichen die Stadt Murcheh Khort tatsächlich noch heute. Wer hätte das gedacht.

Schon bald geht die Sonne unter, mit dem wild schlafen werden wir heute kein Glück haben und die Stadt Isfahan liegt noch vierzig Kilometer entfernt. Wir entscheiden uns dafür, ein Hotel in Shahin Shahr anzusteuern. Es ist die einzige Unterkunft weit und breit. Pünktlich zu Sonnenuntergang erreichen wir unser Ziel. Das Hotel ist luxuriös, riecht nach Safran und ein roter Teppich führt uns zu unserem grossen Zimmer. Tja, wir haben keine Wahl - und so lassen wir es uns gut gehen.

Das Frühstück am nächsten Morgen stopft zwar das Loch in unseren Bäuchen, aber das in der Reisekasse klafft dafür nach dem Check Out umso mehr.

Heute geht es endlich nach Isfahan. Wir sind gespannt. In Teheran haben wir ein nettes Paar getroffen, welches uns eingeladen hat. Gestern konnten wir mithilfe des Hoteldirektors die Dame telefonisch erreichen und uns schon mal anmelden.

Nach einer etwas längeren Suche sind wir schliesslich erfolgreich. Balzam empfängt uns an einer Kreuzung und führt uns in ihr Zuhause. Die Schwiegermutter freut sich auch, uns kennen zu lernen. Wir dürfen die Räder in den Innenhof stellen. Nach einem feinem Sirup und der gemeinsamen Zubereitung des Mittagessens lernen wir auch noch Balzams Mann und den aufgeweckten gemeinsamen Sohn kennen. Das Essen ist vorzüglich und auch die Karateshow die uns der Nachwuchs vorführt ist beeindruckend. Aber, aber, aber. Wir fühlen uns nicht wohl. Wir werden kritisiert weil unsere Haare keinen schönen Schnitt haben, die Augenbrauen nicht gezupft sind und wir offenbar zu wenig Feuchtigkeitscreme auftragen. Ähm, wir sind seit über einem halben Jahr on the road. Äxgüsi also. Auch nicht so gut ist, dass wir keine Kinder haben, Amerika besuchen wollen und viel Reisen. Irgendwie ist es komisch hier. Immer wieder kommen unangenehme Bemerkungen – gut getarnt hinter einem lieben Lächeln.

Nachdem die Familie verkündet, sie halte nun einen Mittagsschlaf, stehen wir eine geschlagene Stunde alleine im Wohnzimmer. Hmm. Ist schon komisch. Natürlich ist es völlig legitim, dass die Familie ihre Ruhe braucht. Aber angesagt war eine viertel Stunde. Und wie soll denn der Tag weiter gehen? Bald ist es Abend und wir brauchen einen sicheren Schlafplatz.

Nach leiser Diskussion haben wir uns entschieden, dass sie nicht hier bleiben wollen. Aber wie soll man das der Familie sagen, nachdem man bereits königlich verköstigt wurde? Wie können wir es vermeiden, den Leuten vor den Kopf zu stossen? Wie kommen wir hier raus?

Wir entscheiden uns, die Sache kurz und schmerzlos zu erledigen. Um siebzehn Uhr gehen wir ins Schlafzimmer, wecken Balzam und verabschieden uns so höflich es nur geht. Dass sie beleidigt ist, ist nicht zu übersehen. Was werden wohl die Nachbarn sagen? Wir begehen gerade eine sehr unangenehme Tat - besonders im Iran. Aber manchmal geht es einfach nicht anders. Wir wollen die Stadt sehen und auf eine geplante Vorführung im Beautysalon haben wir so wirklich keine Lust.

Mit einem furchtbar schlechten Gewissen – aber auch sehr erleichtert – flüchten wir in die Innenstadt. Durch den Höhenunterschied, den wir die letzten Kilometer hinter uns gebracht haben, hat sich die Luft in unseren Schläuchen ausgedehnt. Trotz dem Luft ablassen steht Mikes Pneu kurz vor dem Platzen. Nur noch wenige Kilometer können wir damit fahren. Minute um Minute bekommt der Pneu weitere Risse. Es dunkelt bereits, als wir irgendwie in der Nähe des Hostel stehen. Wir können es nicht finden. Uns wird geholfen. Aber die Hilfe ist noch eine viel grössere Belastung. Uns reisst beinahe der Geduldsfaden, als wir im Schritttempo hinter dem hilfsbereiten Iraner mehrere hundert Meter in die offensichtlich falsche Richtung fahren. Nach ein paar Telefonaten heisst es, das Hostel sei voll. Wir müssen nun dringend eine Unterkunft haben. Der Verkehr bei Nacht ist viel zu gefährlich.

Wir checken im Hotel Malek ein. Das Hotel ist enorm teuer und wir würden am liebsten das ganze Mobiliar zusammenschlagen. Wir sind gefrustet. Aber so richtig. Wir sind genervt von der Politik, der Religion, den Umgangsformen, den Hotelzimmern, den Militärs und vielem mehr. Es gefällt uns hier einfach nicht so, wie wir erhofft haben. Eine Besprechung ist fällig. Nachdem wir die letzten Kellog’s Deluxe verdrückt haben, setzen wir uns zusammen.

Wir werden kein zweites Mal in den Iran einreisen. Aber wir entscheiden uns dafür, die Strecke bis Bandar Abbas trotzdem noch mit dem Rad zu fahren. Danach nehmen wir uns die Fähre nach Dubai, fahren nach Maskat und fliegen von da wahrscheinlich nach Indien. Sandstrand und Badehose ahoi.

Am nächsten Morgen checken wir sehr früh aus und machen uns auf den Weg in ein anderes Hostel, welches wir noch gestern Abend gebucht haben. Das Amir Kabir Hostel ist überraschend schön. Es hat einen Innenhof und kleine Doppelzimmer. Wir fühlen uns wohl und sind froh, dass wir endlich, endlich zu etwas Ruhe kommen können.

Nachdem wir den Grossteil des Tages damit verbracht haben, uns in unserem Zimmer etwas zu erholen, hören wir plötzlich bekannte Stimmen aus dem Innenhof. Andrea und Luca sind soeben mit ihrem Fiat 500 angekommen. Die Wiedersehensfreude ist riesig. Wir verbringen einen schönen ersten Abend in Isfahan und geniessen ein gemeinsames Abendessen. Auch David und Phil sind in der Stadt. Für ein Wiedersehen hat es aber an diesem Abend nicht mehr gereicht.

Am nächsten Tag brechen wir auf, um Isfahan bei Tageslicht zu bewundern. Unser erstes Ziel ist der Meidān-e Emām (Platz des Imams), welcher eine Länge von über 500 Metern aufweist und nach dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking als zweitgrösster Platz der Welt gilt. Um den ganzen Park herum ist ein riesiger Bazar angelegt. So verbringen wir Stunden mit Schlendern und Schmökern. Wir entdecken wunderschöne Perserteppiche und staunen über die filigrane Herstellung der Keramikwerke. Die Sorgfalt der Handwerker ist faszinierend und man kann sie stundenlang bei ihren Arbeiten bewundern. Auch die beeindruckende Moschee lassen wir uns nicht entgehen. Fabelhaft.

Wir verbringen die Zeit hier in Isfahan mit genüsslichem Nichtstun und feinen Essen zwischendurch. Das tut uns gut. Schön, diese Ruhe der Stadt und die Oase des Hostels.

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