Km 1130 - 1347_Mosonmagyarovar-Budapest
Das tat richtig gut die Seele in der Sonne baumeln zu lassen, heute liegt das erste Ziel in Győr, wir fahren durchs ländliche Ungarn und geniessen die Stille. Das GPS erweist sich als praktisch, wenn es darum geht von den Hauptachsen weg zu kommen und auf stillen Strassen zu fahren. Irgendwo treffen wir dann wieder auf den Europaradweg Nr.6 und folgen ihm bis nach Győr. Am Rande vom grossen Hauptplatz setzen wir uns in ein Restaurant und wollten uns einen kleinen Snack gönnen. Es ist schon etwas schwer abzuschätzen was man kriegt für sein Geld, denn die Portion die wir kriegen, hätte je zwei Leute sättigen können und das für eben wenig Geld. Dafür sind die Colas in Ungarn auch gar klein, wir haben Durst und kriegen so kleine mini Fläschchen. Wir kaufen ein paar Postkarten und fahren aus der schönen Stadt hinaus. Der Radweg führt durch das Industriegebiet. Wie sehr ich Industrieanlagen ausserhalb Zentraleuropas liebe, das ist etwas das es in der Schweiz nicht gibt. Bei uns werden alte ausgediente Fabrikanlagen dem Boden gleichgemacht und etwas neues Effizienteres wird hin gebaut, kein Platz wird verschwendet. Ich liebe diese verlassen Fabrikruinen, alter Beton oder Ziegelmauern mit Fensterfronten die aus unzähligen kleinen, eingeschlagenen Fensterchen bestehen. Den rostigen Stahlträgern die einst das Rückgrat der Gebäude darstellten und nun nur noch Tauben als Nistplatz dienen. Ich liebe diese Kulisse und könnte den ganzen Tag auf so einem Gelände, mit Fotoapparat bewaffnet, herumtreibend verbringen. Es regt die Fantasie an, und auf dem Fahrrad hat man dann den ganzen Tag Zeit darüber nachzudenken und sich Geschichten zu überlegen. Geschichten von Verbrechern die sich Nacht auf einen Deal treffen, sich misstrauend im Scheinwerferlicht, bewaffnet gegenüber stehen und auf den ersten Zug des Anderen warten. Oder von den Überlebenden nach einer Jahrzehnte langen Virusinfektion die die Weltordnung aus den Fugen gerissen und zum Erliegen gebracht hat. Da rennt er um sein Überleben, verfolgt von einer Banditengang, weil er in seinem Rucksack noch etwas frisches Trinkwasser dabei hat. Er geht in dem alten Lüftungsschacht in Deckung, während die Meute an ihm vorbei hetzt… So Geschichten halt. Unser Radweg wird immer holpriger und wird zum reinsten Rodeoritt, nach kurzer Zeit fühlen wir uns erschöpft und kraftlos. Eine Pause und einiges an Essen hilft. Der eigentliche Radweg wird, wir glauben umgebaut so fahren wir fern der Donau durch das Land und schlagen unser Zelt am Rande von Feldern auf. Der Abend und die Nacht sind wunderbar still, kein Verkehr, keine Nachbarn, nur ab und zu ein Vogel oder in der Ferne Hundegebell. Der nächste Tag startet mit der Sonne die an unser Zelt scheint, sind wir froh, denn so Sternenklar die Nacht war, so kalt war sie auch. Über einige Kilometer folgen wir den Bahngeleisen und treffen nicht eine Menschenseele. Das Frühstück ist inzwischen ein Mittagessen und wir hocken auf einer Bank und schauen einem amüsanten Arbeiterquartett beim Arbeiten zu. Eigentlich dem einen der arbeitet und den dreien die ihm Seelischen Beistand geben, aber nur bis die Chefin kommt und auf einmal sind plötzlich alle wieder am arbeiten. Die Campingsaison startet auch hier trotz der heissen Temperaturen erst in einer Woche, so quartieren wir uns in einem Hotel in der Slowakei ein. Esztergom verlassen wir in Richtung des Két-Bükkfa Pass und wie aus dem Nicht sind wir im Nichts. Um uns herum schönste Natur, die Strasse ist gesperrt für grosse Fahrzeuge und so ist es meistens still. Der Anstieg auf diesen kleinen Pass ist in der aufsteigenden Mittagssonne ziemlich anstrengend, all die Rennradler die an uns vorbei hasten sind keine mentale Unterstützung. Auf dem Pass legen wir uns in die Sonne und halten ein Nickerchen. Die gewonnen Höhenmeter werden in einer rasanten Abfahrt wieder abgebaut und tragen uns an die Tore von Budapest. In mitten der Stadt beziehen wir ein Hostel und gehen dann die Stadt anschauen.