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Istanbul


Die Stadt ist berauschend, aufregend und wunderschön. Gerade für Cynthia, die ja das erste Mal in der Stadt ist, sind es sehr viele Eindrücke. Den ersten Abend lassen wir es langsam angehen. Wenn man das in dieser Stadt überhaupt so sagen kann. Wir schlendern über die Brücke zwischen den Restaurants hindurch, beobachten die Fischer, staunen über die Händler in den einzelnen Strassen und kriegen einen ersten Eindruck auf das, was wir die nächsten Tage noch entdecken werden. Am Bosporus stehend, erhaschen wir bereits erste Blicke auf den uns bevorstehenden Kontinent.

Wir haben einiges zu tun. Das Ausmisten unseres Gepäcks ist schneller erledigt als gedacht und so einiges an Kleidungsstücken bleibt in der Türkei oder wird per Post in die Schweiz geschickt. Ein paar Dinge müssen wir noch neu kaufen. Schliesslich ging das eine oder andere auf der vergangenen Fahrt kapputt oder wir haben gemerkt, dass uns doch noch etwas fehlt. Ein geeigneter Shop ist schnell via Internet gefunden und so machen wir und schleunigst daran, den Laden in Asien aufzusuchen. Dazu nehmen wir zuerst die U-Bahn auf den anderen Kontinent. Von da aus gönnen wir uns ein Taxi, welches uns in rasantem Tempo auf bemerkenswert geschickte Weise durch die vielbefahrenen Strassen manövriert. Auf dieser Fahrt bekommen wir bereits den ersten Eindruck davon, was uns bei der Stadtausfahrt erwarten wird. Nach etwa zwei Stunden haben wir den Shop erreicht. Geschlossen. Erst morgen öffnen die Tore wieder. So schnappen wir uns das nächste Taxi und lassen uns an die Fährstation bringen. Mit dem Personenschiff gondeln wir zurück nach Europa und lassen uns, zurück im Hotel, ziemlich erschöpft auf das Bett plumsen.

Als wir am Abend das Zimmer für ein Abendessen verlassen, stossen wir mit Michael zusammen. Was für eine Freude und was für ein Zufall. Zu Dritt gehen wir nun Abendessen und erzählen uns von den Erlebnissen der vergangenen Tage.

Am nächsten Morgen wollen wir uns noch einmal auf den Weg zum Outdoorshop in Asien machen. Wiederum per U-Bahn und Taxi. Der Shop ist geöffnet und wir finden die gewünschten Materialien. Darauf, das in Alexandropoli gestohlene Rücklicht zu ersetzen, verzichten wir. Dafür kaufen wir uns neue Pneus für Mike, eine Ortliebtasche für unser Zelt, etwas Ersatzmaterial und neue Velohandschuhe für Cynthia. Auf dem Rückweg nehmen wir wiederum ein Taxi. In letzter Sekunde können wir den Fahrer davon abbringen, uns anstelle zum Fährhafen über die Brücke zu fahren. Mikes Zeichnungstalent sei Dank. Am Abend treffen wir uns mit Stefan zum Abendessen. Auch er ist in der Zwischenzeit auf Umwegen in Istanbul angekommen. Die gemeinsame Zeit geniessen wir auf einer Dachterrasse mit atemberaubender Aussicht auf den Hafen und die Blaue Moschee. Den Schlummerdrunk geniessen wir dann mitten im Getümmel einer Seitenstrasse. Cynthia probiert sich noch an einer Wasserpfeife aus und wir amüsieren uns über das Gespräch, welches wir mit einem Einheimischen, naja, sagen wir mal Plagöri, halten.

Das genauere Planen der nächsten Etappen dauert viel länger als geplant. Gemäss Karte ist die Route auf einmal fast um die Hälfte der Distanz länger, als wir das am Computer gesehen haben. Und das GPS ist in der Türkei nur auf grosse Distanzen hin hilfreich. Wieder muss man, um Strassen zu erkennen so weit reinzoomen, dass man den Überblick über das Land verliert. Und so verbringen wir ungewollt viel Zeit am Computer, obwohl es uns mehr nach Ausruhen zumute ist.

Das mit dem Ausruhen will uns einfach nicht so gelingen. In der Nacht besingt uns dauernd die heulende Katze auf dem Nachbardach und die Möwen geben ihr bestes, sie aus dem Takt zu bringen. Das Fenster können wir leider aufgrund akuter Erstickungsgefahr nicht schliessen.

Auf dem Balkon im Dritten Stock haben wir eine kleine Wäscheleine gespannt. Das Duschtüechli, welches wir zugegebenermassen vieleicht etwas zu nah an den Nachbarbalkon gehängt haben, ist weg. Jemand hat es sich unter den Nagel gerissen. So ärgerlich. Cynthias geliebtes Packtowl in Lila ist weg. Zweiter Diebstahl innert zwei Wochen. Im Hotel kümmert dies die Angestellten herzlich wenig und so machen wir uns halt selber auf die Suche. Das Geklopfe an allen verdächtigen Zimmern bleibt leider erfolglos und auch das grosse Plakat mit der Aufruf, es zurück zu bringen, bringt herzlich wenig.Kleiner

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Gefühlsauszug:

Während unserem Aufenthalt in Istanbul sind wir 100 Tage auf Tour. Pédaleur zu sein ist fantastisch. Wir lieben es. Immer weiter, immer weiter zu reisen ist unvergleichbar und wir wollen dieses Privileg auf keinen Fall eintauschen. Doch es gibt auch die andere Seite, die ab und zu zum Vorschein kommt. Klar, unter dem Strich ist es toll und wir wollen hier auch nichts anderes schreiben. Doch das hier ist unser Blog und er soll auch unsere Empfindungen wiederspiegeln. Alles ist sehr viel. Viele Eindrücke, Erlebnisse, Gerüche, Aktivitäten und manchmal auch das Heimweh. Noch ist es nicht zu viel. Aber wir merken, dass es langsam aber sicher viel wird. Wir beschliessen, unseren Aufenthalt in Itanbul um zwei Nächte zu verlängern um etwas zu Ruhe zu kommen. Auf keinen Fall wollen wir später einmal zurück kehren und bedauern, dass wir für die einzelnen Orte an denen wir gewesen sind, keinen Elan hatten. In Istanbul versuchen wir, wieder etwas zu landen. Uns etwas zu Erden. Doch das ist gar nicht so leicht. Es wäre - naja, wie soll man sagen... Halt einfach auch mal schön, sich für kurze Zeit nach Zürich in die alte Wohnung zu beamen, die Fenster und Türen zu schliessen, die gewohnte Dusche zu benutzen und, naja, nichts erleben. Alles ist sehr aufregend. Gerade auch weil wir uns jetzt an der Schwelle zu Asien befinden. Was kommt auf uns zu? Werden uns die Hunde wirklich so vermehrt angreiffen, wie wir das gelesen haben? Werden die türkischen Kinder auch uns mit Steinen bewerfen? Werden wir Schwierigkeiten bekommen, in den Iran einzureisen? Werden wir unter den langen Kleidern beinahe schmelzen? Werden wir weiter hintereinander auf dicht befahrenden Strassen gondeln? Alles Fragen, auf die es noch keine Antwort gibt und die wir jetzt eigendlich auch nicht beantwortet haben wollen. Denn wir lassen uns gerne überraschen. Und wir sind sicher, die Überraschung wird gelingen. Denn alle Geschichten, die wir über die bereits befahrene Strecke gehört haben, waren Ammenmärchen. So haben uns die Kroaten nicht ausgeraubt, die Einwohner von Montenegro nicht überfallen, die Albaner nicht über den Tisch gezogen und auch die Griechen waren uns wohlgesonnen. Somit: wir werden sehen, welche Geschichte unser Leben schreibt.

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Zum Sightseeing kommen wir dann doch noch. Wir kaufen uns kurzerhand eine Karte für die "Hopp on Hopp off" Tour und setzen uns gegen Mittag auf die besten Plätze ganz zuvorderst auf dem Busdeck. Wir bleiben sitzen und geniessen die Aussicht und die Erklärungen, welche uns über die Kopfhörer berieseln. Es ist atemberaubend. Die Brücken, die Moscheen, der Trubel, der Lärm, die Muezin, der Verehr, das Wetter, die Schiffe, die vielen Menschen, die Gerüche, die Shops und, und, und. Nach vier Stunden ist die Fahrt beendet und wir stehen wieder auf. Minimalistisches Hoppen so quasi.

Was für eine Freude. Am Abend Skypen wir noch mit dem Rest der Familie. Während der Woche haben wir dreimal geskypt. Mit Cynthias Eltern, ihren Brüdern, den Schwägerinnen und den herzigen Kiddies. Wie gross sie doch geworden sind. Die Kinder also. Bei den Erwachsenen haben wir keinen Wachstumsschub wahrgenommen.

Aber auch sie sind herzig.Früh am Morgen macht sich Cynthia am nächsten Tag auf den Weg, um noch Passfotos für das Iranvisum zu bekommen. Passfotos haben wir zwar dabei, aber leider ohne Kopfschmuck. Und so lässt sie sich in einem Hintergässlein mit dem neu erworbenen Kopftuch ablichten. Auch das Päckli mit den Kleidern in die Schweiz ist nach einigem hin und her Schaltergewechsel dann doch recht schnell verschickt. Zur Sicherheit kaufen wir uns gleich noch genügend Briefmarken für die ganze Türkei. Postkarten werden somit bald geschrieben. Auch ein neues Packtowl muss nun halt her. Istanbul ist riesig und so finden wir auch die Strasse mit den Duschtüchern. Laden Nummer fünf führt die gewünschte Packtowl Qualität und unser Gepäck ist nun wieder vollständig.Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg, die Blaue Moschee und andere Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Während der Gebetsstunde sind die Heiligtümer geschlossen und so warten wir, nach einem Rundgang durch den Bazar, in einem schönen Park die paar Stunden ab und geniessen die Ruhe und Zweisamkeit, die wir die letzten paar Tage vermisst hatten. Baklava in der berühmtesten Konditorei Istanbuls wollen wir uns nicht entgehen lassen. Der süsse Genuss ist fantastisch. Das riesige Polizeiaufgebot gleich neben uns erregt unsere Aufmerksamkeit. Nach dutzenden von Polizisten fahren nun auch noch drei Limousinen mit der Türkischen Flagge vorbei. Ob hier wohl der Staadtpräsident einen Besuch macht? Das wäre schon der zweite auf unserer Reise. Auch in Albanien ist uns schon der Staadtspräsident auf der Autobahn entgegengekommen. Aber das ist ja schon wieder eine Weile her...

Der zweite Versuch, die blaue Moschee zu besuchen ist leider auch erfolglos. Die Warteschlange vor dem Eintrittshäuschen ist so lang, dass wir es gar nicht erst versuchen, sondern beschliessen, es am nächsten Tag nochmal anzugehen.Geschafft vom Trubel der Stadt ruhen wir uns nun etwas aus und freuen uns über das zweite Dinner mit Stefan. Während des Essens läuft uns doch tatsächlich noch einmal Michael über den Weg. Die Welt ist so klein. Byebye Stefan. Schön war die Zeit mit dir! Bis bald Michael. Wir werden uns sicher irgendwo wieder über den Weg fahren.

Auf dem Heimweg beobachten wir noch acht in Burkas verschleierte Damen, die fröhlich für ein Gruppenfoto posieren. Lustig.

Uns bleibt noch ein Tag in Istanbul. Heute werden wir die letzten Reperaturen machen, unser im ganzen Hotelzimmer verstreutes Gepäck wieder ordnen und die Zeit hier am Nachmittag bei einem Picknick im Park ausklingen lassen. Erholt haben wir uns in Istanbul nicht, aber genossen haben wir es trotzdem.

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