Km 5904 - Km 6038_Rize - Batumi
In Rize sind wir zwei Nächte geblieben. Die Stadt gefällt uns sehr gut. Sehr sauber, friedlich, hell und ruhig. Irgendwie ganz anders als Trabzon. Wir empfehlen im Nachhinein jedem Radfahrer, das Visum in Trabzon zu beantragen, mit dem Fahrrad nach Rize zu fahren, da die Zeit abzuwarten und dann bei Ausstelldatum mit dem Bus das Visum auf der Botschaft in Trabzon abzuholen. Viel gemütlicher, viel schöner, viel entspannter.
Nach Rize führt uns die Strasse 010 wie gewohnt dem Schwarzen Meer entlang. Vorbei an Cayeli und Pazar. Heute durchqueren wir einige Tunnels. Beleuchtung? Naja. In Findikli gönnen wir uns einen Zmittag. Pide sollen es heute sein. Kaum haben wir bestellt, setzt sich der erste Mann zu uns. Im Schlepptau hat er seinen erwachsenen Sohn. Nachdem der Beziehungsstatus der Pedaleurs geklärt ist, trottet der Sohn wieder ab. Der Mann bleibt sitzen. Erzählt uns ein paar Geschichten - denen wir natürlich nicht folgen können und auch keine Ahnung haben worum es ging - dann zieht auch er ab. Der zweite Mann kommt daher. Er interessiert sich vor allem für unsere Lampen. Nach einem kurzen Plausch verschwindet auch er wieder. Auf die Pide warten wir sehr lange. In der offenstehenden Küche bemerken wir niemanden, der etwas macht, das aussieht, als würde er Pide zubereiten. Schon fast dünkt es uns, als würde sich die Situation von vor ein paar Tagen wiederholen. Nach ungefähr einer halben Stunde kommt ein Roller daher gefahren. Unsere Pide sind in einer Box dabei. Die Pide werden aufgeschnitten und uns serviert. Lustig. Da musste einer durch die ganze Stadt fahren. Nur wegen uns. Geschmeckt hats übrigens super.
Wir übernachten in Arhavi. Der Hotelier zockt uns ziemlich ab. Der hat wohl gesehen, dass wir müde sind. Beim Einchecken werden wir von einem älteren Herrn empfangen. Er führt uns rum, zeigt wo wir die Räder abstellen können und bringt uns etwas zu trinken. Wie sich herausstellt, arbeitet er gar nicht da. Er ist selber Gast. Auch er ist ein Fahrradfahrer und so müssen natürlich unsere Räder genau inspiziert werden. Der pensionierte Arzt erzählt uns noch ein bisschen aus seinem Leben und lässt uns anschliessend auf unser Zimmer. Das lose Kabel zeugt davon, dass einmal eine Klimaanlage vorhanden war und der See im Badezimmer ist der Beweis dafür, dass jemand geputzt hat. Gut so. Wir hatten schon Zimmer, die waren schlimmer.
Während einer sehr unruhigen Nacht - wir mussten wegen fehlender Klimaanlage das Fenster zur Stadtmitte offen lassen - fängt es an zu regnen. Bis aufs Bett. Das kühlt wenigstens schön. Etwas angenässelt essen wir unser Frühstück und fahren los.
Direkt an der ersten Ampel werden wir von Barish angehalten. Barish lebt in Frankfurt und kommt gebürtig aus Georgien. Eine tolle Begegnung. Wir plaudern ein bisschen, und er gibt uns ein paar Tipps zu Georgien. Er erzählt uns auch, dass der Regen von letzter Nacht ganze Schlammlawinen ausgelöst hat. Gut haben wir von der Route über die Berge abgesehen. Wieder einmal Glück gehabt. Nach dem nächsten Tunnel treffen wir auf zwei vollbeladene Fahrradfahrer. Türken, die von Istanbul aus nach Batumi fahren. Nach ein paar Fotos verabschieden wir uns wieder, um uns bis zur Grenze noch etwa fünfmal zu begegnen. Auch sehr lustig.
Kurz nach Hopa haben wir unseren nächsten Tausender erreicht. 6´000 Kilometer abgestrampelt. Und wir freuen uns auf noch viel mehr.
Bis zur Grenze ist es nicht mehr weit. Wir passieren etwa ein dutzend Tunnels. Diese sind relativ schlecht beleuchtet und die Autofahrer haben gar kein Licht. Aber wir haben so unsere Tricks. Lampe vorne und hinten, die vordere dabei stark nach links zeigend, Fahne mit Reflektor hinten zur linken Seite raus, nicht ganz am rechten Rand fahren. So sehen uns alle Fahrer und sind gezwungen, grosszügig auszuweichen. Wenn mal einer nicht so grosszügig ist, so haben wir gegen rechts noch genügend Platz zum ausweichen. Ziemlich bewährtes System ist das. Dass die Autofahrer gerne Hupen, das wissen wir ja nun. Was sie aber noch viel lustiger finden, ist das Hupen im Tunnel. Da fährt also ein grosser LKW an dir vorbei, das ist schon an und für sich ein mega Krach. Und jetzt hupt der auch noch seine Melodie herunter. Blingelingelingeling - wieder mal knapp am Tinitus vorbei geschrammt.
Kurz vor Mittag sehen wir die Grenze zu Georgien. Wow. Nach knapp fünfzig Tagen haben wir die Türkei durchquert. Wir haben hier so viel erlebt. Haben wir schon erzählt, dass bei Hochzeiten ganze Autokaravanen, geschmückt mit Blumen und Bändern hupend durch die Strassen ziehen? Oder dass wir einige VW-Käfer gesehen haben, bei denen Wimpern an die Vorderlichter geklebt wurden? Mega schnugelig im Fall. Oder haben wir schon von den tausenden Moscheen berichtet? Den unzähligen Gebeten, denen wir gelauscht haben? Oder der Abfall, der überall auf der Strasse liegt? Die Mülldeponien, die direkt ins Meer verlaufen? Oder den Schlaglöchern? Also nein, es sind keine Schlaglöcher. Es sind eher offene Gräber in der Strasse. Haben wir von den vielen Einladungen zum Tee berichtet? Es gäbe noch so viel zu erzählen. Die Türkei ist wirklich sehr schön, sehr facettenreich, sehr gross. Vieleicht kommen wir wieder. Dann fahren wir aber mitten durch.
Ein neues Abenteuer wartet auf uns. Dank dem roten Pass gelangen wir schnell durch die Tore. Nachdem wir die Türkei verlassen haben, stoppt uns ein Grenzwart mit Maschinengewehr. Offenbar sind wir falsch gefahren. Nicht zu den Fahrzeugen, sondern zu den Fussgängern zählen wir. Also schieben wir unsere Räder in die Halle und passieren da die Grenze nach Georgien. Um halb zwölf haben wir es geschafft. Welcome to Georgia.
Alles ist anders. Direkt nach der Grenze steht ein Kreuz. Die Strassen sind sauberer, der Verkehr noch heftiger, Frauen tragen Shorts, Männer oben gar nichts, es wird gebadet und getrunken. Ein paar Kilometer fahren wir so in das neue Land ein. Was uns auch auffällt, ist die Schrift. Wir fühlen uns wie Analphabeten. Keinen Plan, was das alles heisst. Ab und zu tauchen lateinische Buchstaben auf. Da bildet man sich wenigstens ein, dass man was versteht.
Die Route führt uns einmal um den Flughafen, direkt auf Batumi zu. Die Stadt hat Wolkenkratzer, Parkanlagen und wirkt sehr gepflegt. Der erste Eindruck von Georgien ist super. Was wir wohl hier alles erleben?