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Km 6038 - Km 6183_Batumi - Samtredia


Im letzten Blogeintrag haben wir uns gefragt, was wir hier in Georgien alles erleben werden. Noch nicht einmal eine Woche sind wir hier - und wir könnten schon ein Buch schreiben. Wir haben uns nun also in Batumi ein Hostel gegönnt. Den ersten Abend verbringen wir damit, die unglaublich lange Promenade entlang zu flanieren. Batumi ist sehr schön herausgepützelt und es hat überall Pärke, Sitzbänke, Fahrradwege, Restaurants, Strassenverkäufer und so weiter. Es ist richtig herzig und gefällt uns sehr. Toll sind auch die Pianos, die überall in der Stadt verteilt stehen. Hier kann sich jeder im Klavierspielen üben. Das Hostelzimmer ist für sieben Personen ausgelegt. In der ersten Nacht teilen wir es mit einer dritten Person. Von jetzt an kommt jede Nacht jemand dazu. Aber es ist sehr angenehm - weil eben - nicht voll.

Am zweiten Tag beschliesst Cynthia am morgen früh einen Handyrestart zu machen. Das Gerät war einfach sehr langsam die letzten Tage und so macht sie das Update, wie schon einigemale zuvor. Aber was ist das? Alle Kontakte mit Adressen, Telefonnummern, Geburtstagen und so weiter auf der Simkarte sind gelöscht. Keine Anrufe oder SMS ersichtlich. Eine Kopie der Daten hat sie selbstverständlich nicht. Alle Apps sind weg und können grösstenteils nicht hergestellt werden. Ohjemine. Den Vormittag über müht sie sich damit ab, das Gerät wieder auf den alten Stand zu bringen. No Chance. Gerüchteweise haben wir vernommen, dass das in Georgien schonmal passieren kann. Naja. Dann schauen wir mal, wie es dann nach der Grenze aussieht. Für die nächsten Tage heisst es jedenfalls: keine Anrufe, keine SMS, kein Whatsapp. Nur Messenger und E-Mail blieben uns treu. Aber jetzt genug davon.

Am Nachmittag machten wir einen Ausflug mit der Gondelbahn hoch über die Stadt. Die Aussicht ist sehr weitläufig und so konnten wir die Gebirge zur Türkei, das Schwarze Meer sowie die weiten Flächen ins Landesinnere ausmachen. Am Abend zieht es uns nochmal in die Höhe. Diesmal mit dem Riesenrad. Wieder im Hostel angekommen, setzt sich Cynthia noch etwas auf die Terrasse. Ein paar Einheimische und eine Familie setzen sich ebenfalls. Schon nach wenigen Minuten, werden ihr Joghurt, Tee und Cola gebracht. Die Georgier sind sehr gastfreundlich und wir geniessen ein enspanntes Ausklingen des Tages. Und dann kommt der Regen. Wie aus einem Sturzbach schüttet es vom Himmel herunter. Ganze dreissig Stunden hört es nichta uf zu Blitzen, zu Donnern und zu Regnen. Es kommt so viel Regen vom Himmel, dass alles überflutet.

Im Regen machen wir, an unserem dritten Tag in Batumi, einen kleinen Spaziergang. Nachdem wir gestern schon in einem fantastischen Lokal gefrühstückt haben, zieht es uns wieder dahin. Anstelle von Pancakes gibt es heute Spiegeleier und Omelette. Ach, wie wir das geniessen. Wochenlang hatten wir immer das selbe Frühstück und endlich gibt es mal Abwechslung. Fantastisch.

Auf dem Weg zum Restaurant entdecken wir einen Balkon. Er liegt auf dem Gehsteig. Das Gewitter hat wirklich ganze Arbeit geleistet.

Den Grossteil des Tages verbringen wir im Hostel. Ans Rausgehen ist nicht zu denken. Wir nutzen die Zeit, um auf Flickr neue Bilder hochzuladen. Es schüttet aus Eimern. Wiedereinmal sind wir froh, dass wir uns nicht für die Strasse über die Berge entschieden haben. Wir wären nun auf über 2´000 Meter. Wer weiss, wie die Strassenverhältnisse da oben nun sind. Als Cynthia doch einen kleinen Spaziergang wagt, schlägt der Blitz direkt neben ihr in einem Gebäude ein. Huii. Und dann der Donner. Es kracht so stark, dass die Strasse vibriert und alle Alarmanlagen der herumstehenden Fahrzeuge gemeinsam jammern.

Zum Abendessen werden wir von einem Hostelneuankömmling - einem Ukrainer - eingeladen. Er ist von Kiew bis nach Batumi getrampt. Wir geniessen das traditionelle Georgische Essen gemeinsam mit der Hostelbesitzerin und einem japanischen Päärchen. Letztere sind bereits seit einem Jahr auf Weltreise. Die Wolken haben sich verzogen, der Himmel ist blau. Ein perfekter Tag zum weiterfahren. Nach dem Frühstück klettern wir - wie wir es uns die letzten Tage angewöhnt haben - ein letztes Mal über die vor der Rezeption herumliegenden Kids. Also eigendlich keine Kids. Sie sind weit über zwanzig, fühlen sich aber wohl eher wie vierzehn. Die schlafen immer hier. Auf dem Boden. Obwohl sie auch ein Bett haben. Aber sie ziehen es offenbar vor, die ganze Nacht zu dritt aneinandergekuschelt auf einem Sitzsack zu pennen. Da die Nächte nicht so erholsam sind, liegen sie auch den ganzen Tag über dort. Who knows. Wir waren drei Tag da und sie lagen die ganze Zeit über dort. Auch eine Art von Urlaub. Anyway.

Wir verlassen also Batumi in Richtung Kobuletti. Es geht steil den Berg hoch. Wir sind etwas aus der Übung. Vieleicht schnaufen wir auch so stark, weil uns dauernd die Abgase der Autos in die Lungen steigen. Es ist ziemlich anstrengend. Aber nach einigen Kilometern haben wir es geschafft. Jetzt geht es wieder leicht runter. Gegen Mittag haben wir Kopuletti erreicht. Wir gönnen uns ein Picknick am Meer. Trotz dem Anstieg von heute Morgen kommen wir viel schneller voran, als wir dies geplant haben. An die fünfzig Kilometer wollen wir pro Tag fahren. Aber nun haben wir trotz Ausschlafen uns sehr langer Mittagspause bereits am frühen Nachmittag das Tagespensum erreicht. Naja. Gibt schlimmeres. Kurz vor Poti gehen wir in ein Restaurant. Nach einigen Verständigungsschwierigkeiten, bekommen wir fantastisches Schwein mit Brot, das beste daran, bei unseren Restaurants kaum denkbar, das Fett wurde nicht pariert. Das macht das ganze schön knusprig.

In Poti fragen wir in einem Hotel nach dem Preis. Wucher. Und da wir noch nicht so müde sind, fahren wir weiter zum nächsten Hotel. Der Weg führt durch die Industrie. Vorbei an angriffslustigen Hunden, Lastwagenschlafplätzen und Chemieabfall. Nach ungefähr fünfzehn Kilometern erreichen wir das Hotel. Es ist gruselig. Oder geschlossen. Oder beides. Wir fahren jedenfalls weiter. Die Sonne geht unter und wir haben noch keinen Schlafplatz.

Einige Minuten nach Sonnenuntergang entdecken wir einen kleinen Feldweg. Hier - versteckt im hohen Grass - stellen wir unser Zelt auf. Es tröpfelt sachte vom Himmel her. Kaum sind wir ins Bett gekrochen, bricht ein unglaubliches Gewitter an. Es blitzt und donnert, dass wir fast taub und blind werden. Der Regen kommt aus Eimern. Es ist der Wahnsinn. Nach etwa zwei Stunden spüren wir, dass das Wasser von unten her ans Zelt drückt. Unser Zelt liegt nun fünf Zentimeter unter der Wasseroberfläche. Oh je. Wenn das nur gut kommt. Zusammenbauen und im Dunkeln weiterziehen? Zu gefährlich. Wir harren aus.

Mitten in der Nacht ist das Gewitter vorüber. Am nächsten Morgen liegt unser Zelt in einem See. Wir aber sind trocken. Unser Zelt ist wirklich super. Der Weg bis zur Hauptstrasse liegt teilweise bis zu zehn Zentimeter unter Wasser. Es hat wirklich extrem stark geregnet und getobt. Pitschnass entdecken wir auf der Weiterfahrt das ganze Ausmass der letzten Nacht. Der Fluss ist übergetreten und ganze Dörfer stehen unter Wasser. Häuser stehen im See und die Brücken sind überflutet. Wir hatten riesiges Glück und sind froh, dass wir eine - trotz allem - trockene Nacht hatten. Wiedereinmal fragen wir uns, wie es uns wohl in den Bergen ergangen wäre.

Nach unserer Frühstückspause setzt der Regen wieder ein. Es ist, als würde der Himmel eine Klappe öffnen. Wusch. Alles ist nass. Das erste Mal seit Monaten grübeln wir wieder Regenhose, Kappe und Pullover aus den Packtaschen. Es ist kalt. Genau so schnell, wie der Regen kam, haben sich die Wolken auch schon wieder verzogen. Die Sonne lacht uns ab dem Mittag ins Gesicht und wir legen unsere Kleidung Schicht um Schicht wieder ab, bis wir in den kurzen Hosen weiterradeln können.

Die Strasse ist flach, schnurgerade und ziemlich gut in Schuss. So kommen wir schnell voran. An einer verlassenen Tankstelle stellen wir unser Zelt provisorisch auf. Es muss trocknen. Und vor allen Dingen müssen wir es reparieren. Heute früh haben wir beim Stangendurenschiebistoff einen grossen Riss entdeckt. Mike näht mit geschickten Fingern und Stärnlifaden das Loch wieder zu. Unser liebes Zelt, bitte bleib bei uns. Wir brauchen dich doch.

Ein paar Kilometer weiter suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen, um das Mittagessen zu kochen. Gerade als die Suppe servierbereit ist, fährt ein Auto zu. Der ausgestiegene Mann stellt sich als Polizist vor. Das Auto wirkt zwar nicht nach Polizei - die Pistole aber schon. Da wir weder Georgisch noch Russisch verstehen, unterhalten wir uns mit ihm in Zeichensprache. Der Herr ist sehr freundlich. Er fragt uns, ob wir nach dem Essen gleich weiterfahren. Wir nicken.

Da setzt er sich wieder ins Auto und fährt nicht los. Sitzt einfach in seinem neben uns parkierten Wagen und schaut uns zu. Irgendwann funkt er etwas und fährt weg. Sein lautes Autoradio verrät ihn. Wir wissen, dass er nur um die Ecke angehalten hat. Einige Minuten später fährt er wieder zu und hält seinem alten Platz an. Wir essen auf, waschen ab, packen ein. Nachdem wir losgefahren sind, fährt er auch los. Aha. Er verfolgt uns die ersten fünf Kilometer im Abstand von gerade mal zehn Metern. Der tuckert da einfach so hinter uns her. Bleiben wir stehen, hält er an. Fahren wir schneller, beschleunigt er. Na dann. Sind wir halt zu dritt. Als wir das Dorf verlassen haben, denken wir, wieder alleine zu sein. Weit gefehlt. Er fährt an uns vorbei und wartet ein paar hundert Meter weiter vorne wieder auf uns. Nachdem wir passieren dauert es ein paar Minuten, er überholt und wartet an der nächsten Ecke. So geht das fünfzehn Kilometer lang. Da werden wir doch tatsächlich von einem Polizisten im Schrottauto mit der Autonummer TDT654 eskortiert.

Wir beschliessen, heute Nacht auf keinen Fall wild zu campen. So fahren wir nach Samtredia ins Hotel. Als wir vor dem Dorf die Hauptstrasse verlassen, entdecken wir unseren Verfolger nicht. Doch während dem Check In rollt er langsam mit seinem Wagen an uns vorbei. Schräg ist es schon, aber er scheint ein netter Kerl zu sein. Wir haben uns ja kurz unterhalten. Und so doof wie der sich verhält, kann er keine Bedrohung sein. Vielleicht wartet er morgen früh auf uns? Vielleicht will er sicher gehen, dass wir sein Land gesund und munter verlassen.

Wer weiss. Mike ist sich ziemlich sicher, dass wir in der Nacht noch geweckt werden.

Wir werden berichten.

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