Km 9900 – Km 10218_Sohar – Nizwa
Wir haben richtig, richtig gut geschlafen. Und so drehen wir uns am Morgen nochmal um und schlafen noch länger. Es gibt ja wirklich keinen Grund zur Eile. Auch die Sittiche, welche auf unserer Fensterbank sitzen machen es sich gemütlich und posieren brav für unsere Kamera. Gegen halb zehn geht es dann doch los.
Wir nehmen die Strasse in Richtung Yanqul, welche uns ins Inland führt. Schon bald befahren wir die ersten Wadis und unsere Fahrräder versinken einige Zentimeter im fliessenden Wasser. Uns gefällt es hier. Immer wieder halten wir an und geniessen die Aussicht. Der Oman hat uns bereits jetzt überzeugt und wir haben ihn tief in unsere Herzen geschlossen. Es ist kein Vergleich zum Iran. Wir sind begeistert von der Landschaft, den Menschen und den Strassen. Alles ist sauber, freundlich und wohlwollend. Ab und zu halten hier auch die Autos an und wir bekommen Minimandarindli oder Wasser. Unser Zelt stellen wir zum Sonnenuntergang – kurz vor Al Jull - auf dem Mars auf. Also nicht ganz auf dem Mars, aber die roten Steine und Felsen machen den Anschein, dass man sich auf einem fernen Planeten befindet. Sobald es dunkel ist, machen wir noch ein paar Nachtaufnahmen und bewundern die Sterne, welche heute sehr gut sichtbar sind.
Endlich haben wir wieder einmal im Zelt übernachtet. Es war fabelhaft. Wir haben sie so vermisst unsere Mätteli und den Schlafsack. Kein Wunder, denn im Zelt schlafen wir immer am besten. So auch in dieser Nacht. Es war ruhig, warm und schön. Fit und munter starten wir in den neuen Tag. Dieser begrüsst uns direkt mit einem heftigen Anstieg. Einmal über den Berg und dann wieder runter nach Al Wuqbah.
Heute ist ein richtig grosser Tag für uns, denn wir haben die 10'000er Hürde geschafft. Zehntausend Kilometer in Richtung Osten. Kurz vor dem Mittag ist die magische Grenze geschafft. Wir freuen uns und können es selbst kaum glauben. Zur Feier des Tages suchen wir uns ein Restaurant. Der Pakistaner soll es sein. Das Essen ist grandios. Das mit Abstand das beste Chickencurry mit Brot auf der ganzen Welt Wir könnten die ganze Küche leer essen. Irgendwie schade, dass wir Pakistan nicht besuchen dürfen. Aber wer weiss – vielleicht klappt es ja dann irgendwann doch noch.
Hier im Oman leben Menschen unterschiedlichster Nationalitäten. Die Omaner teilen das Land mit Pakistanischen, Indischen und Afghanischen Gastarbeitern. Und natürlich sind auch viele andere Nachbarländer vertreten. Viele sind in ihre traditionellen Gewänder gehüllt und es scheint, als gelte hier die Regel des leben und leben lassen. Und auch wir werden mit offenen Armen empfangen. Schön.
Nach dem sagenhaften Zmittag biegen wir auf einer Strassenkreuzung in Richtung Ibri ab. Der Verkehr hat auf der schmalen Strasse leicht zugenommen. Und als ein entgegenkommendes Fahrzeug überholt, passiert beinahe ein Unfall. Der Wagen hat sich grob verschätzt und beide Pédaleurs sind gezwungen, in den Strassengraben zu fahren um heil davon zu kommen. Der Graben war gefüllt mit Kies und Sand, sodass wir die Räder nicht mehr halten konnten. Cynthia stürzt. Nur ein paar Schürfungen und eine kleine Prellung hat es gegeben. Glück gehabt. Mike ist bereits dabei, sie zu verarzten, als ein Polizeiauto – die Polizei fährt hier Dodge – anhält. Die Polizisten bringen Wasser und erkundigen sich nach unserem Zustand. Alles bestens versichern wir den Ordnungshütern. Diese weichen nicht von der Stelle, bis auch das letzte Pflaster klebt. Als wir weiterfahren wollen, kommt ein weiteres Polizeiauto dazu. Es wird wieder nach unserem Zustand gefragt und ein Transport in das Spital angeboten. Wir lehnen ab, denn diese kleine Schürfung ist also wirklich kein Tohuwabohu wert. Nachdem noch unsere Pässe kontrolliert wurden, werden wir herzlich verabschiedet. Wenige Meter weiter steht bereits ein drittes Polizeiauto. Wahnsinn. Innert zehn Minuten sind drei Polizistenteams vor Ort und kümmern sich äusserst herzlich um die beiden Touristen. Nur so nebenbei: wir sind im Fall voll in der Wüste. Fünfzehn Kilometer vor und hinter uns liegt nichts. Erstaunlich.
Wir fahren noch etwas weiter und entdecken in der unendlichen Steppe ein paar schöne Bäume. Hier wollen wir übernachten. Kurz bevor wir abzweigen fährt ein weiteres Polizeiauto an uns vorbei. Durch das Megaphon werden wir herzlich gegrüsst. Nun weiss wohl jeder Staatsangestellte, dass wir hier sind.
Wildes Campen ist im Oman erlaubt und erwünscht. So geben wir uns keine grosse Mühe uns zu verstecken. Direkt neben den Kamelabdrücken – hinter den zwei kleinen Bäumchen – stellen wir unser Nachtlager auf und Mike macht ein grosses Feuer. Bei dieser Gelegenheit lassen wir die schönsten Momente der letzten 10'000 Kilometer revue passieren. Wir sind glücklich.
In der Nacht weckt uns Hundegebell. Aber der kleine Kläffer traut sich wohl nicht näher an das grosse Zelt und so werden wir in Ruhe gelassen. Vielleicht wurde der Hund auch vom Kamel vertrieben, welches sich während der Nacht in unsere Nähe geschlichen hat. Gemerkt haben wir zwar nichts, aber die frischen Fussabdrücke beweisen den nächtlichen Besuch.
Bereits nach wenigen Kilometern fahren wir in Ibri ein. Wir fahren einmal quer durch das Städtchen und bekommen so die Burg und die alten, traditionellen Lehmbauten zu Gesicht. Auf einem Platz findet gerade der örtliche Viehmarkt statt. Hunderte von Ziegen halten Ausschau nach neuen Besitzern und es wird gehandelt und gefeilscht. Vor einem Supermarkt verdrücken wir das zweite Frühstück.
Heute geht es stetig leicht berghoch. Aber es ist nicht so anstrengend und die Strasse selber eigentlich ziemlich langweilig. Aber die fabelhafte Kulisse macht alles wett. Immer wieder passieren wir kleine und grössere Ziegenherden und einmal erspähen wir sogar die lang ersehnten wilden Kamele.
Gegen Mittag bekommen wir wieder ein Hüngerchen und so beschliessen wir, noch einmal einen Pakistani aufzusuchen. Diesmal war es zwar auch richtig, richtig lecker, aber auch so richtig, richtig scharf. Lagomio. Uns ist fast der Gaumen abgebrannt. Und unsere Mägen wehrten sich noch während Stunden gegen die Kichererbsen mit Chili. Tja. Gutes Training für Indien.
Kurz vor Bahla beschliessen wir, dass wir heute genug gestrampelt sind und schlagen unser Zelt kurz nach fünfzehn Uhr auf einer weiten Fläche auf. Den Nachmittag verbringen wir mit Schreiben, Lesen und Essen. Richtig gemütlich.
Wir freuen uns riesig darauf, heute wieder einmal in einem Hotel zu übernachten. Drei Tage ohne Dusche ist einfach genug. Wir brauchen den Vormittag, um die geplanten sechzig Kilometer entlang der Autobahn nach Nizwa abzustrampeln. Nach einem feinen Burger in einem Lokal Namens Hungry Bunny checken wir im anliegenden Guesthouse ein. Hier ist es richtig schön. Es ist sauber, kühl und ruhig. Perfekt. Nachdem wir zuerst geduscht – die Haare haben wir zur Feier des Tages dreimal schamponiert – haben, geniessen wir nun den freien Nachmittag.