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Km 11870 - Km 12138_Kundapura - Kannur


Gestern haben wir online das Visum für Sri Lanka beantragt. Zu unserer Freude bekamen wir das gewünschte Dokument innert zwölf Stunden per Mail. Wow. Super. Mal schauen, ob dann an der Grenze auch alles so lockerflockig über die Bühne geht. Da wir uns ja ein tolles Hotel gegönnt haben - by the way, das Inventar würden wir am liebsten gleich in unsere zukünftige Wohnung liefern lassen - hat es hier sogar einen Drucker an der Rezeption. Diesen nutzen wir gleich, um die Visa auszudrucken. Wir wären also bereit für die nächste Grenze.

Von Kundapura aus fahren wir heute nach Udupi. Naja. Um ganz ehrlich zu sein: an diesem Tag haben wir keine Notizen gemacht und darum können wir die Erlebnisse nicht genau rekonstruieren. Wir checken in einem Hotel ein und bekommen zu unserem Glück ein Zimmer im Erdgeschoss. Das ist jeweils super, denn so müssen wir nicht immer so viel schleppen. Nach einem fantastischen Mittagessen auf dem Dach des Hauses kehren wir in unsere vorübergehend eigenen vier Wände zurück. Das Zimmer hat WiFi und so verbringt jeder etwas Zeit für sich. Uns wurde erzählt, dass ab Neunzehn Uhr in der ganzen Stadt ein Fest stattfindet. Dies wollen wir uns nicht entgehen lassen und so spazieren wir am Abend zielgerichtet ins Zentrum der Ortschaft. Das einzige, was wir finden sind enge und dunkle Gassen, ein paar finstere Gestalten und der eine oder andere Laden, der Chips verkauft. Von einem Fest ist weit und breit nichts in Sicht. Wir beschliessen, uns zurückzuziehen, denn ganz wohl ist uns hier nicht. Also spazieren wir wieder zum Hotel, essen noch einmal auf dem Dach und lassen den Tag mit Youtubeinhalation ausklingen. Am nächsten Morgen ist Cynthia erkältet. Wie immer haben wir uns auch diesmal gegenseitig angesteckt. Es wird geniest, geschnäuzt und etwas gejammert. Den Aufenthalt in diesem Hotel können wir nicht verlängern und so fahren wir halt weiter. Die Erkältung zieht sich langsam zurück, aber so richtig gut drauf sind wir heute nicht. Etwas demotiviert und grummelig pedalieren wir weiter entlang unseres Weges. In Mukka treffen wir auf ein Schild, dass uns den Weg zu einem Hotel weist. Eigentlich wollten wir ja heute etwas weiterfahren. Oder doch nicht? Irgendwie wissen wir momentan gerade nicht so wirklich was wir wollen. Ein richtiger Laueritag halt. Ghört ja au dezue. Jedenfalls fahren wir zuerst zum Strand. Hier werden wir von einem grummeligen Polizisten ausgequetscht. Woher wir kommen, wie die Route aussieht, was wir verdienen und warum in aller Welt wir nicht in Goa seien. Phuu. Mike steht brav Rede und Antwort. Durch ein Missverständnis, oder respektive dadurch, dass der Herr Wachmann weder genau zuhört noch der englischen Sprache besonders mächtig ist, einigen sich die beiden Männer darauf, dass wir von der Schweiz her mit dem Schiff nach Mumbai gefahren sind und von da aus unsere Route starteten. Kaum ist Mike nicht in Hörweite schleicht sich der Polizist zu Cynthia und fragt sie mit halb erhobener Augenbraue: "Is there a sea in Switzerland?" Cynthia verneint. Prüfend lugt der Polizist zu Mike, sichtlich stolz, die Lüge entlarvt zu haben. Nach einigem hin und her lässt er uns dann in Ruhe und wir verduften ganz schnell. Im Resort gönnen wir uns zuerst einen Zmittag und nutzen die Mahlzeit zur Lagebesprechung. Wie abgemacht, prüfen wir den Preis eines Zimmers. Tiptop finden wir und beschliessen, doch einfach hier zu bleiben. Und das lohnt sich so richtig. Das Zimmer ist sehr gross und hat sogar ein Wohnzimmer mit Küche und allem Drum und Dran. Zuerst gehen wir ins Meer - Mike bädelet in Badehose, Cynthia wie hier üblich in voller Kleidungsmontur - anschliessend verkrümeln wir uns ins Zimmer. Unsere Laune ist schon viel besser und so haben wir einen fabelhaften Nachmittag und besprechen bis spät abends unsere Zukunftspläne, Träume und Wünsche. Hui da sind wir aber gespannt, wie es dann am Ende rauskommt... Heute geht es uns schon wieder viel besser und wir fahren - nach einem völlig unbefriedigendem Frühstück - los. In einer Ortschaft machen wir eine kurze Pause. Sofort ist uns beiden klar: hier leben ausschliesslich Perser. Durch die Ladeneinrichtung, die Art der Menschen und einfach irgendwie - hmm, das können wir kaum erklären - also uns ist sofort klar, dass wir hier in little Iran gelandet sind. Die Menschen scharen sich direkt in Trauben um uns und wollen dies und das von uns wissen. Danach kommt ein älterer Herr. Ein Christ - Jaja, wir wissen, dass das nicht zu den oberen Zeilen passt, aber wir sind trotzdem von deren Richtigkeit überzeugt - und belehrt uns in voller Inbrunst, weil Cynthia raucht. Das passt ja übrigens wieder zur obenstehenden Theorie. Anyways. Er redet minutenlang auf uns ein von wegen your body is your temple und beten und warum habt ihr die Bibel nicht dabei und Hölle droht und ach weiss nicht was alles. Bitz anstrengend war es schon, denn wie kann man einen unbekannten Menschen einfach zum Sünder abstempeln? Das ist doch total anmassend. Aber eine Diskussion war nicht möglich und wir hatten da auch keine Lust zu. Also trampeln wir einfach weiter. Die Lastwagen donnern wie eh und je an uns vorbei. Mike platzt ab und zu der Kragen. Er flucht und wettert in seinem besten Englisch hinter den Brummifahrern her. Bringt zwar nichts, tut aber gut. Wie so oft, fahren wir auch jetzt gerade wieder an einem Kadaver vorbei. Ein Hundeli hat es nicht auf die andere Strassenseite geschafft. Eines von so vielen. Jedenfalls wird für Cynthia der Albtraum jedes Radlers war, denn als sie sich auf der Höhe des Tieres befindet fährt ein Lastwagen mit vollem Tempo einmal quer rüber. Platsch. BÄÄH. T'schuldigung, für alle, die das nicht lesen wollten, aber das gehört leider auch zum Leben eines Pédaleurs. In Kasaragod finden wir nach einigem Suchen ein Hotel mit freien Zimmern. Wir glauben, es ist eigentlich ein Puff. Egal. Im dritten Stock des Gebäudes bekommen wir ein Zimmer. Wir wollen gar nicht wissen, wie viele Menschen hier ihren letzten Atemzug gemacht haben, es ist wirklich hässlich und perfekt geeignet für einen gruusigen Film. Das Zimmer ist aber ganz in Ordnung. Nach einem unglaublich aufwendigen, vierseitigen Check-In-Dokument dürfen wir den Raum beziehen. Auf der anderen Strassenseite finden wir einen leckeren Imbiss und essen unser verspätetes Mittagessen. Dann schlendern wir in den darüber liegenden Supermarkt und danach geht es wieder ins Zimmer. Gross raus in die Stadt können und wollen wir nicht. Es ist schmuddelig, laut und irgendwie ungemütlich. Wir sind etwas gefangen auf unserem Raum. Dies passierte uns schon mehrmals hier in Indien. Es ist einfach so, dass man als Weisser an nicht touristischen Orten wenig Möglichkeit für Freizeitgestaltung hat. Hier mögen sicher einige Leser etwas die Stirn runzeln. Aber wenn man einer der wenigsten Weissen in einem Ort ist, der auf das im Mittelpunktstehen und für alle von grösstem Interesse zu sein, keine Lust hat, dann ist das gemütliche Bummeln kaum möglich. Also bleiben wir auf dem Zimmer und gehen erst zum Abendessen wieder raus. Nochmal in den gleichen Imbiss. Die Nacht war etwas ungemütlich. Die Liftmusik lief nonstop in vollster Lautstärke. Immer und immer und immer wieder das gleiche Lied. Dieses dauerte sage und schreibe zweiundvierzig Sekunden. Wir haben dieses entnervende Saxophongedudel mindestens zweimillionendreihundertachtundsiebzig mal gehört. Phuuuu. Wir nehmen uns vor, morgen ganz früh loszuradeln. Wir wollen möglichst weit kommen und uns irgendwo am Strand ein schönes Zimmer nehmen. Gesagt, getan. Auf nach Kannur. Cynthia steckt irgendwie gerade in einer Krise. Die Anstrengung, der gestrige Tag auf dem Zimmer, der Krach und irgendwie alles zerrt an den Nerven. Mike geht es auch nicht viel besser. Eigentlich ist es doch OK, wenn man mal eine Krise hat. Wir brauchen einfach einen freien Tag. Der Weg heute ist anstrengend. Es geht oft hoch und runter und wieder hoch. Es ist heiss, laut und stickig. Am Nachmittag erreichen wir nach etwas über einhundert Kilometern ein sehr schönes Resort. Mit Privatstrand. Super. Der Manager ist sehr herzlich und freut sich sichtlich über unsere Ankunft. Es geht uns mit einem Schlag viel besser. Nach einem Welcomedrink dürfen wir das gemütliche Zimmer betreten. Perfekt. Wir buchen gleich für zwei Nächte. Schnell, schnell geht es ins Meer. Anschliessend unter die Dusche und dann gönnen wir uns Ruhe. Einfach nur Ruhe. Das brauchen wir jetzt. Zum Abendessen werden wir wie Könige behandelt. Es gibt fabelhaften Fisch mit einem Dutzend indischer Beilagen. Fein, Fein. Der Manager setzt sich zu uns und erzählt von einem Fest, welches heute Nacht ganz in der Nähe stattfindet. Die Hindus befinden sich gerade in einem Monat voller Festlichkeiten und heute wird der Feuergott gepriesen. Uns wird angeboten, dass wir mit der Rikscha abgeholt, dahingefahren und wieder zurückgebracht werden. Morgens um vier. Wir freuen uns darauf und laden den Akku der Kamera. Sehr früh morgens klingelt also unser Wecker und wir machen uns bereit für das Fest. Pünktlich um vier Uhr werden wir von unserem Taxifahrer abgeholt. Er fährt uns durch die indische Nacht und stoppt vor einem Tempel, ungefähr fünfzehn Kilometer von unserer Unterkunft entfernt. Wir staunen nicht schlecht, dass hier mitten in der Nacht Hunderte Hindus - Junge, Alte und Kinder - auf Heuballen und Stühlen rund herum um den Tempel platziert sind. In der Mitte tanzen abwechselnd geschminkte Männer in ihren atemberaubenden und sehr aufwändigen Kostümen. Wir verstehen natürlich nicht allzu viel von dem, was gerade passiert, aber es geht offensichtlich darum, dass das Feuer angebetet wird. Die Tänzer werden von Trommlern begleitet. Sie trommeln stundenlang in einer perfekten Präzision ihren Rhythmus. Irgendwann wird eines der Feuer zur Weissglut gebracht und eine Gestalt, welche den Feuergott repräsentiert, tanzt sich in Trance. Das Schauspiel ist einmalig. Er ist mit selbstgebastelten, brennenden Fackeln bekleidet und junge Hindus beträufeln ihn und seine brennbare Bastkleidung immer wieder mit Wasser. Jeden Schweizer Feuerwehrmann würde der Schlag treffen. Es war wirklich unglaublich. Hie und da brannte die Kopfbedeckung oder mal der Umhang. Egal, da kommt einfach ein junger Bursche und hält ein nasses Tuch dran um dann kurz darauf diese Prozedur zu wiederholen. Der Tänzer tanzt sich in Rage, die Glut wird weiter erhitzt und die Menschen starren gebannt zu. Zwei Meter von uns entfernt liegt die Glut. Sicherheitsabstand kennt man hier nicht. Der Feuergott kickt mit einem kräftigen Fusstritt in die Glut. Dann noch einmal und noch einmal. Es war fabelhaft, diese Nacht mitzuerleben. Kurz vor Sonnenaufgang verlassen wir den Tempel. Der Rikshafahrer bringt uns zum Fischmarkt. Was wir hier sehen, verschlägt uns die Sprache. Nein, stimmt nicht. Was wir hier riechen, verschlägt uns die Nase. So stimmts eher. Es ist so eklig. Wir haben beide schon einige Fischmärkte besucht und kennen uns da mit den Gerüchen schon aus. Aber was wir hier sehen, ist echt etwas zu viel. Es ist klar, dass man bei der Armut dieser Menschen keine Marmortische und Kühlvitrinen erwarten kann, aber so ein bitzeli Hygiene wäre wirklich für alle besser. Ausser dem Fisch, welcher wider Erwarten nicht unbedingt fangfrisch ist, sondern hier schon bis zu vier Tage rumliegt, kreisen Vögel über die Fläche. Die Fische sind übersäht mit Vogelscheisse. Durch das ganze Areal fliesst die offene Kanalisation und überall schwimmen Exkremente der Einwohner. Holy. Es wäre doch wirklich irgendwie für alle Beteiligten besser, wenn man die Toilette irgendwo anders verrichten würde. Uns gruusets ziemlich und wir nehmen uns vor, heute Abend eher beim Vegetarischen Menü zuzugreifen. Der Rest des Tages verläuft weniger spektakulär. Wir sind Hundemüde und legen uns nochmal schlafen. Den ganzen Tag über schlummern wir vor uns hin und kommen so wieder etwas zur Ruhe. Wir schlafen aus und fahren so gegen Zehn Uhr los. Heute wollen wir nämlich nicht so weit. Nur knappe vier Kilometer haben wir geplant. Hihi. Why not. Wir finden wiederum ein schönes Zimmer und verbringen den gesamten Nachmittag am Strand. Dies ist unser erster richtiger Strandtag seit Monaten. Wir bädelen, liegen auf dem Badetüchli, lesen und werden Rot. Super. Später bauen wir sogar noch eine Sandburg. Oder eher ein Sandfort. Es ist ziemlich stabil. Bis die Welle kommt. So gemein. Mit einem Wusch wurde unser Kunstwerk dem Boden gleich gemacht. Hier treffen wir seit Agonda auf die ersten Weissen Menschen. Ganze elf Stück zählen wir. Anschliessend machen wir einen kleinen Spaziergang ins Dorf. Wir fühlen uns schon wieder viel besser und kommen schon richtig gut zurecht in diesem Land. Wir wissen nun wo es Getränke gibt, welche Süssigkeiten gut schmecken, welche Chips nicht zu scharf sind und wie man das Lädeli findet. Yes. Pédaleurs are back. Vor dem Znacht flickt Mike - mal wieder, es ist wirklich kaum zu glauben - eine Packtasche. Das Abendessen wird hier an einem grossen Tisch eingenommen. Alle speisen zusammen. Insgesamt sind wir fünf Personen. Ein Russe, der uns weder versteht noch irgendwie sich anderweitig einbringt, ein Inder und ein Franzose der offensichtlich in den letzten zehn Jahren zu viel Zeit in Indien verbracht hat. Der war so richtig durch den Wind. Läck doch mehr. Wir schlafen sehr gut und sind endlich wieder motiviert für die Weiterfahrt. Zu Cynthias grosser Freude kriegt sie früh morgens einen Anruf von Jeannette. Das letzte Mal, als die beiden plauderten waren wir in Trabzon. Einen Tag vor der Abreise der beiden Abenteurer von Timbila.ch. Das Telefonat aus Chile freut Cynthia riesig und gibt ihr viel Schwung für die kommenden Tage.

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