Km 13187 - Km 13297_Jaipur - Manpur
Wir verbrachten nun also zehn Tage in Jaipur. Und es war wunderbar. Die Stadt gefällt uns super. Von unserem Besuch bei den Affen haben wir ja schon berichtet. Am darauffolgenden Tag wollten wir das Amber Fort erkundigen. Wir entschieden uns dafür, die knapp sechs Kilometer mit dem Linienbus zurückzulegen. Hui, ist der voll! Bis auf den letzten Quadratzentimeter ist das Gefährt vollgestopft. Wer nicht gern von Fremden an andere Fremde gedrückt wird, hats hier schwer. Nach kurzer Zeit haben wir das Ziel erreicht und uns auf den Anstieg gemacht. Schön hier. Ein grosser symetrisch angeordneter Garten - mitten in einem See - ziert den Eingangsbereich. Zum Fort führt eine mit Pflastersteinen belegte Strasse. Oben angekommen suchen wir den Ticketschalter. Der Zufall will es, dass wir genau im falschen Moment falsch abbogen und somit einmal rund um das Fort laufen mussten, um den Ticketschalter zu finden. Naja. Wer nicht genau hinsieht, muss eben ab und an Umwege in Kauf nehmen. Der Eintrittspreis ist typisch Indisch. Während Inder 100 Rupien bezahlen, werden dem Ausländer 500 Rupien abgeknöpft. Aber die waren es wert. Wir verzichten auf einen Guide und erkunden das innere der Mauern auf eigene Faust. Das Fort hat viele Ecken und Winkel und erinnert etwas an ein Labyrinth. Uns gefällts. Nach dem Verlassen des Forts setzen wir uns auf ein Mäuerchen und beobachten die anderen Besucher. Danach wagen wir den Aufstieg ins Jaigah Fort. Man muss ziemlich hoch marschieren, bis man den Eingangsbereich erreicht hat. Ist schön, mal wieder eine kleine Wanderung zu unternehmen. Oben angekommen verzichten wir jedoch auf die Besichtigung und begnügen uns mit der fabelhaften Aussicht über das Tal. An anderen Tagen faulenzen wir, kurrieren die noch immer aktive Erkältung und Skypen nach Hause. Und dann, dann ist der grosse Tag da. Holi in Jaipur. Wir freuen uns riesig, denn dieses Spektakel wollten wir schon lange einmal erleben. Und dass wir nun genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind, freut uns natürlich mega. Am 23. März ist der erste Tag, und das eigendliche Holi findet dieses Jahr am 24. März statt. Als naive Touristen dachten wir uns natürlich, wir gehen einfach mal nach Jaipur und dann werden wir schon sehen. Weit gefehlt. Die ganzen zehn Tage erkundigen wir uns immer wieder bei Einheimischen, Touristen, Tucktuckfahrern, im Hostel oder im Internet, wo man in der Pink City am besten feiert. Keiner kann so richtig helfen. Niemand weiss genau wie und wo und was. Hmmmm. Doch dann, am morgen des 23. März bekommen wir dann doch noch einen heissen Tipp. Wir sollen zum Tempel hinter dem City Palace fahren. Da wäre was los. So schlüpfen wir in unsere neuen weissen Hosen und stülpen unser Pedaleurs.ch T-Shirt über. Lets go. Geschlagene zwanzig mal fragt der Tucktuckfahrer nach dem richtigen Weg. Also nur so zum Verständnis - das wäre, als ob der Taxifahrer in Paris an jeder Ecke anhält und Passanten nach dem Eiffelturm fragen würde. Anyways. Nach einer sehr langen Fahrt erreichen wir den City Palace. Tote Hose. Nix los in Pink City. Wir stehen da wie die Deppen in unseren weissen Kleidern und die Menschen starren uns an. Aber das ist man sich ja als Pedaleurs mittlerweile gewohnt. Erhobenen Hauptes spazieren wir zum Tempel. Wenigstens mal nachschauen, ob wirklich nichts los ist... Da begegnen wir einem Menschenstrom. Wir folgen den unzähligen Menschen und gelangen zum besagten Tempel. Hier ist richtig, richtig was los. Tausende von Inder zelebrieren ihr Fest. Mitten im Tempel werden grosse Trommeln geschlagen und die Gläubigen gehen einmal im Kreis innerhalb des Tempels. Die Stimmung ist grossartig. Und wir erleben das unverfälschte Fest hautnah. Denn wir sind weit und breit die einzigen Ausländer. Ein richtiger Geheimtipp. Es ist toll. Immer mal wieder wird mit Farbe geworfen oder die Inder reiben sie einem ins Gesicht. Happy Holi heisst es dann und es werden Hände geschüttelt, Umarmungen verteilt oder Fotos gemacht. Pünktlich um zwölf Uhr Mittags ist die Feier vorbei und alle ziehen ihres Weges. Am ganzen Körper mit Farbe verschmiert verlassen auch wir den Tempel. Auf den Strassen schauen uns die Passanten verwirrt an. Sie fragen uns, wo wir denn heute Holi gefeiert hätten. Scheinbar nicht nur für Touristen ein Geheimtipp. Wir kehren zurück, versuchen uns zu waschen und gönnen uns ein feines Mittagessen. Anschliessend wollen wir zum Elephant Festival. Dieses findet zwar offiziell seit dem Jahr 2012 nicht mehr statt, aber gemäss Einheimischen, Internet und sonstigen Informationsquellen soll es eben doch noch stattfinden. So lassen wir uns zum Polo Ground fahren und stehen vor einer leeren Wiese. Nix los. Hmmm. Zufälligerweise kommt ein Herr dahergefahren und fragt, wie er uns helfen könne. Zu unserer Überraschung, ist er ein Freund der Managerin des Rajastantourism. Also der Frau, die das Festival organisiert - oder eben organisieren würde. Die perfekte Quelle. Und nun gelangen wir auch endlich an die abschliessende Information. Das Weltberühmte Elefant Festival findet nicht mehr statt. Ist wahrscheinlich auch besser so - schliesslich wurde es ja auch aus Tierschützenden Beweggründen abgesagt. Nach über zehn Tagen rumforscherei wissen wir nun endlich Bescheid. Kurzerhand beschliessen wir, das Polofeld trotzdem zu besichtigen. Aus der Besichtigung wurde ein zweistündiger Marsch rund um ein Sport- und Freizeitgelände. Richtig schön ruhig hier. Ein bitzi Grüenachzigstyle. Uns gefällts und wir geniessen die Verkehrsfreie Zone. Inder machen hier im Anzug und Joggingschuhen Sport und verliebte Pärchen halten im Schutz der Büsche Händchen. Mittlerweile ist es schon Abend und wir beschliessen, nochmals in die Pink City zu fahren. Zuerst mal zum Burgerladen. Dann weiter hinter die Stadtmauern. Es dunkelt langsam. Ähnlich wie dem Brauch des Böög verbrennens wird auch hier Feuer gemacht um den Winter zu verabschieden. Aber irgendwie überhaupt nicht wie beim Böög. Kleine Gruppen machen riesige Feuer. Mitten auf der Strasse. Also eigendlich auf der Kreuzung. Crazy. Nun kennen wir auch einen der Gründe, warum Indien so viele Schlaglöcher aufzuweisen hat. An jeder Ecke brennt es lichterloh. Ansonsten sind die Strassen wie leergefegt. Schön und unheimlich zugleich. Wir kehren zurück und sind hundemüde. Schliesslich haben wir heute mal wieder so einiges erlebt. Zu unserer Freude haben in der Zwischenzeit zwei Engländer im Hotel eingecheckt. Maddie und Liam. Sie sind seit etwas über drei Monaten als Backpacker on tour und machen ebenfalls für Holi einen Zwischenstopp in Jaipur. Wir verstehen uns auf Anhieb super und plaudern bis spät in die Nacht. So. Jetzt aber ab ins Bett. Heute ist der grosse Tag des Holi. Früh am morgen machen wir uns bereit und erreichen die Pink City gegen halb zehn. Anders als gestern, sind wir heute schon wenige Sekunden nach dem Verlassen des Taxis am ganzen Körper mit Farbe bestrichen. Viele Holiwütige tummeln sich in den Gassen. Nach wenigen Schritten ist der Tempel von gestern wieder erreicht. Ein grosses Fest ist im Gange. Heute hat es im Gegensatz zu gestern beinahe so viele Touristen wie Einheimische. Insgesamt hat es aber etwas weniger Menschen und es scheint bei den Jungs vorallem darum zu gehen, wer welcher Touristin am besten unbemerkt und unter dem Deckmäntelchen des Färbens, am besten an die Brüste fassen kann. Jeder fasst dir ins Gesicht und man wird hundertemale umarmt. Nach kurzer Zeit beschliessen wir, dass wir gestern riesiges Glück hatten, und wir Holi so in Erinnerung behalten wollen, wie wir es da erlebt haben. Wir setzen uns auf eine Treppe und beobachten den Tumult. Einige Jungs sprechen uns an und laden uns ein, sie ins Amber Fort zu begleiten. Dies machen wir dann auch, um nach einigen Fotos und Farbschmierereien wieder die Fahrt in den Tempel anzutreten. Es ist mittlerweile kurz vor zwölf und das Ende des Festes steht an. Die Polizei ist überall mit langen Schlagstöcken - könnten auch Besenstiele sein - präsent und vertreibt die nun etwas überhormonisierten Indischen Jungs. Wir gehen ein paar Schritte durch die Gassen, beschliessen aber nach ein paar aufdringlichen Umarmungen, den Schutz des Tucktucks zu nutzen. Nun sind wir frisch gewaschen, stehen kurz vor dem Essen und lassen die Erlebnisse revue passieren. Holi. Holy Moly Holi. Es war farbig, laut und unvergesslich. Eigentlich wollten wir nach zehn Übernachtungen das Hostel Le Pension verlassen. Aber Mikes Grippe wird immer stärker und so beschliessen wir, dass ein Auskurrierungstag wohl die bessere Entscheidung ist. Also Verlängern wir den Aufenthalt kurzerhand um eine weitere Nacht und Mike schläft eine ganze Weile, um zu genesen. Mittlwerweile ist er wieder auf den Beinen und so verlassen wir am frühen Ostersamstag die fabelhafte Stadt Jaipur. Kaum wieder in den Sätteln fühlen wir uns vögelifrei. Ist doch einfach schön, ein Pédaleur zu sein. Die nächsten Tage folgen wir jeweils der NH21 in Richtung Agra. Es gibt wieder unglaublich viel zu sehen und uns schwirrt schon bei der Vorstellung, dies alles niederzutippen der Kopf. Wahnsinn, was sich so alles auf einer Indischen Serviceroad abspielt. Also zuerstmal werden wir von einem Schulbusfahrer angehalten. Die Kinder möchten gerne Fotos machen. Also nicht, dass sie gern ein Foto von uns hätten. Nenei, so ist das in Indien nicht. Meistens wollen die Inder, dass man von ihnen ein Foto macht. Wir klettern also in den gelben Schulbus und machen ein kleines Shooting. Anschliessend fahren wir weiter. Hier im Linksverkehr kommen Geisterfahrer im Minutentakt entgegen und sowieso gilt hier auf der Serviceline das Motto "No risk, no fun". Auf den Mopeds sitzen zwischen zwei und sechs Personen, auf den Ladeflächen der Lastwagen drängen sich dutzende junge Männer und weil die Busse so vollgestopft sind, setzt man sich kurzerhand aufs Dach oder hängt sich an die Aussenwände des Gefährts. Zum Mittagessen verschlägt es uns in eine kleine Highwaykneipe. Es gibt Dal Fry. Zu den Linsen mit Brotfladen bestellen wir eine Cola. Schnell springt ein kleiner Junge davon, hüpft auf das Motorrad und kehrt nach einigen Minuten - bewaffnet mit einer grossen Flasche - wieder zurück. Die letzten hundert Meter bis zu uns rennt er. Die Flasche zwischen beiden Händen, horizontal. Schwippschwapp, Schwippschwapp. Ohje. Stolz präsentiert uns der Knirps das Getränk - übrigens kein Cola, keine Pepsi, sondern das hier viel zu beliebte Thumps Up. Jänu. Ein Zisch und Sprudel später geniessen wir das kühle, nun Kohlesäurefreie Lakritzegetränk. Dass Kinder in Indien arbeiten, beobachten wir viel zu häufig. Sie stehen hinter Verkaufsverschlägen, helfen im Strassenbau und verkaufen Kleberli am Strassenrand. Nicht zu übersehen, dass sie keine Zeit für Schule haben. So geschickt und gewandt sie ihre Arbeit verrichten. Ein kleines - etwa vier Jahre altes Mädchen - hat uns besonders schockiert. Es arbeitete im Strassenbau. Ihre Technik, wie sie mit der Schaufel umging und den Sand in die Schlaglöcher hievte, war gekonnt. Nichts da von herzig sändelen. Sondern bittere, harte Realität. Andere Kinder nennen uns in sekundenschnelle die Preise der Produkte in ihrem Laden. Sie sind vier, fünf, acht Jahre alt. Rechnen, kassieren und kontrollieren die Geldscheine gekonnt. Sie haben augenscheinlich nie etwas anderes gemacht. Und dann gibt es natürlich noch viele Kinder, die ungesehen schuften. Sei es als Prostituierte, Haushaltshilfen oder in den riesigen Hallen der Spinnereien und Nähereien. Indien hat viele Gesichter. Nach dem Mittagessen muss Cynthia noch zur Toilette. Gleich um die Ecke, soll sie gehen. Sie biegt also einmal links ab und kann die Toilette nicht überriechen. Hier muss es sein. Hinter zwei im Wind wehenen Plastikplachen, die etwas Sichtschutz bieten sollten, befindet sich eine zwei mal zwei Meter gorsse Betonplatte. Ohne Loch, ohne Abfluss, Nichts. Naja, immer noch besser, als die eine Toilette, die wir in Jaipur angetroffen haben. Hier war zwar alles schön gekachelt, aber irgendwie fehlten die Zwischenwände. Hier verrrichteten alle gemeinsam ihr Geschäft. Wie auf dem Stängeli. Ohne Sichtschutz. Hier schämt man sich halt einfach weniger. Erwachsene Männer pinkeln in Richtung Strasse oder hocken sich unten ohne an den Strassenrand. Einmal fahren wir heute an einem Herrn vorbei, der gerade dabei ist, ins Feld zu kacken. Als er uns sieht, dreht er sich um und winkt und ruft um uns zu grüssen. Different Hemmschwelle so quasi. Auch angezogene Menschen winken uns heute viel zu. Es wird gefötelet, ausgefragt und mit dem Moped neben uns hergefahren. Die Menschen sind sehr herzlich und uns gefällt es richtig gut. Immer was los hier. Kurz vor dem Mittag erreichen wir Dausa. Nach einem hin und her beschliessen wir, hier doch kein Zimmer zu nehmen, sondern noch ein paar Kilometer zu fahren. Anders als auf der Strecke zwischen Delhi und Jaipur hat es hier sehr wenige Hotels. Wir verschätzen uns also zünftig und radeln schlussendlich über 114 Kilometer. Nun doch ein bisschen müde, erreichen wir am späteren Nachmittag unser Hotel in der Nähe von Manpur. Ein richtiges Loch. Aber günstig. Und es ist ja eh das einzige weit und breit. Wir sind uns ja schon das eine oder andere gewöhnt. Aber für Honeymoon oder so ist es nicht geeignet. Ausser man steht darauf, dass die Bettbezüge feucht, klebrig und löchrig sind, es nur ein Plumpsklo hat, man nur mit einem kleinen Kübeli - normalerweise gibt es in Indien grosse Kübeli - Duschen kann und es nur eine halbe Wand zwischen dem Nachbar- und dem eigenen Badezimmer hat. Nachbarsfamilie hat übrigens auch eine eher ungewohnte Hemmschwelle. Anyways. Es klingt nun fast, als würde es uns nicht gefallen. Stimmt nicht. Nordindien begeistert uns. Nach dem Einchecken fragen wir nach dem Schlüssel. Ja, wir können wählen zwischen grün oder scharz. Hä? Grün oder Schwarz. Ähm... "no, not Tea. Do you have a key?". Der Besitzer guckt uns ganz entgeistert an, schüttelt den Kopf und sagt, er habe keinen Schlüssel für das Hotelzimmer. Fragen darf man ja...
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