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Km 11256 - Km 11388_Ratnagiri - Mithbav Town


Hui. Da haben wir aber wieder ein paar Tage hinter uns. Am 28. Dezember ist unser elfter Jahrestag. Juhuii. An diesem Morgen stehen wir früh auf und versuchen in diesem komischen Hotel in Ratnagiri ein Frühstück zu bekommen. Als erstes suchen wir das Restaurant. Nachdem wir dieses nicht auf Anhieb finden, fragen wir an der Rezeption nach. Frühstück gibt’s nur auf dem Zimmer. Soll uns recht sein. Wir geben also direkt Bescheid, dass wir bereit wären für einen Toast. Neinein, das kann man nicht so bestellen. Wir sollen auf unser Zimmer gehen und von da aus die Rezeption telefonisch kontaktieren, um die Bestellung aufzugeben. Aber wir sind doch bereits hier?! Egal. Vielleicht haben wir es ja falsch verstanden. Wir tapsen also wieder hoch und rufen die angegebene Nummer an. Der tupfgenau gleiche Typ, den wir bereits vor einer Minute an der Rezeption getroffen haben, hebt ab. Nachdem er uns noch einmal weiterverbunden hat, können wir unsere Bestellung aufgeben. Gut achtzig Prozent der Bestellung schafft es bis in unser Zimmer. Wir sind zufrieden, schliesslich hat es auch schon weniger gut geklappt.

Das Hotelpersonal hier ist wirklich unglaublich gstabig. Sowieso haben wir hier in diesem Land schon sagenhafte Leerläufe beobachtet. Da der eine Inder nur für das Eine und der andere Inder nur für das Andere zuständig ist, aber nicht alle immer gleichzeitig im Dienst sind, können hier die kleinsten und unkompliziertesten Dinge uuuuunglaublich lange dauern.

Heute verlassen wir wie geplant den Highway und begeben uns auf die Küstenstrasse. Und diese hat es in sich. Es geht den ganzen Tag die Strasse hoch auf den höchsten Punkt eines Hügels, gefolgt von einer rasanten Abfahrt zur Flussüberquerenden Brücke. Von da aus wieder steil hoch auf den nächsten Hügel, wo uns auch schon wieder eine rasante Talfahrt erwartet. Hoch und runter. Den ganzen Tag. Wir haben die Strecke ziemlich unterschätzt und sind sehr überrascht ob der Anstrengung, die uns hier erwartet. Die Landschaft ist aber wunderbar. Wir sehen das Meer, den Dschungel, viele Affen, Papageienähnliche Vögel und natürlich Kühe. Kühe am Strand, Kühe auf der Strasse, Kühe überall.

Dadurch, dass wir uns nun nicht mehr auf der Hauptstrasse befinden, hat auch die Versorgung rapide abgenommen. Kaum ein Dorf ist in Sicht. Stundenlang fahren wir durch die Natur. Der Verkehr ist zwar immer präsent, jedoch nicht vergleichbar mit dem Trubel der letzten Tage. Da die Läden knapp werden, sind auch unsere Einkaufsmöglichkeiten sehr beschränkt. Erst am frühen Nachmittag erreichen wir ein Dorf. Hier beschmeisst uns aber ein offensichtlich verwirrter Mann mit seinen Plastikkanistern, was uns dazu bewegt, schnell weiter zu fahren.

Einige Kilometer später finden wir dann ein weiteres Dorf vor. Hier kaufen wir uns ein paar Samosa vom Strassenstand und verdrücken diese – umgeben von Kuhscheisse und Hühnern im Abfallhaufen – mehr oder weniger genüsslich.

Nach den nun bereits zurückgelegten vierzig Kilometern sind wir fix und alle. Wir sind müde. Gemäss GPS befindet sich das nächste Hotel in Ambolgad. Im Dorf angekommen, müssen wir noch eine sieben Kilometer lange, schottrige Sackgasse anfahren. Die Route führt uns vorbei an Teichen, Feldern und klitzekleinen Dörfern. Nach exakt sieben Kilometern stehen wir vor dem Hotelschild. Total erledigt fragen wir nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Das Hotel ist ausgebucht. Ohje. Der Hotelier bietet uns aber an, unser Zelt im geschützten Hotelgarten aufzustellen und dort zu übernachten. Wir nehmen dankbar an.

Wie sich herausstellt, haben wir einen richtigen Glücksgriff mit diesem Hotel getätigt. Es ist traumhaft. Den kilometerlangen, weissen Sandstrand teilen wir nur mit einer Handvoll Indern, Seesternen, Krebsen und einigen Kühen. Seit einer Ewigkeit nehmen wir unser erstes Bad im Meer. Das Wasser ist sauber, warm und einfach perfekt.

Zum Abendessen geniessen wir ein sagenhaftes Lemon Chicken, welches wir mit einem feinen Milkshake abrunden. Es ist richtig gemütlich. Zum Ausklingen unseres elfjährigen schaukeln wir noch etwas in der Hängematte und feiern den Zeitungsartikel in der Muscat Daily News.

Nach einem feinen Frühstück im Restaurant, rumpeln wir die sieben Kilometer wieder zurück ins Dorf. Auf der Strasse entdecken wir Pfeile eines vergangenen Fahrradrennens. Es ist die Tour of Deccan und so folgen wir über Tagen einer Strecke, welche uns immer wieder mit einem minder verlockenden aber doch sehr zur Strecke passenden «TOD» den Weg weist.

Es geht – wie gestern – den ganzen Tag über ufe ond abe und ufe ond abe. 800 Höhenmeter legen wir zurück. Aber - auch heute ist die Landschaft wieder herrlich. Das Mittagessen ist jedoch heute noch etwas gruseliger als gestern. Wir kehren in einem Strassenbeitzli ein, in dem uns niemand versteht. Aber Chicken und Naan können wir ja bereits bestellen und so bekommen wir auch etwas serviert. Leider handelt es sich aber nicht um das erwartete Pouletfleisch. Nein, heute meint man es besonders gut mit uns. Es gibt Hühnerinnereien. Phuiuiui. Bäääh. Da die Sauce aber dickflüssig und scharf ist, erkennen wir erst anhand der Konsistenz des Fleisches – die Konsistenz merkt man ja leider aber auch erst wenn man schon voll reingebissen hat – dass es sich um Leber, Hirn und weiss de gugus alles handelt. Wir werden vorsichtiger und können somit das Herzli des Hühnlis noch auf den Tellerrand retten. Jaja, Naan mit Sauce schmeckt ja auch super.

Obwohl wir total geschafft sind, checken wir nicht ins nächste Hotel ein. Denn das Hotel liegt an einer Abfahrt, und dann ist man ja bekanntlich so im Schuss, dass man denkt, man ist fit. Jaja. Wir werden sofort bestraft. Denn es lachen uns noch einige Anstiege ins Gesicht. Die Anstiege sind unglaublich steil. So steil, dass man sich beim Schieben mit der ganzen Kraft in das Fahrrad legen muss, dass es sich auch nur dazu anschickt, sich vielleicht etwas zu bewegen.

Wir ärgern uns ziemlich über uns selber. Gemäss GPS kommt noch lange kein Hotel und irgendwie können wir uns unseren Grössenwahn von angestrebten weiteren dreissig Kilometern auch nicht erklären. Aber wir haben Glück. Als wir in einem unscheinbaren Ort kurz stehen bleiben, winkt uns ein Mann zu uns her. Ob er uns helfen kann, will er wissen. Natürlich fragen wir ihn nach einem Hotel. Er zeigt hinter uns. Wir stehen direkt neben einem grossen Haus. Keine Anschrift, kein Irgendwas. Aber es ist ein Hotel. Was für ein Zufall. An wie vielen solchen Herbergen sind wir wohl heute schon vorbei gekeucht? Wir checken ein und machen es uns nach einer Dusche, der obligatorischen Wäsche mit einem weiteren UNO gemütlich.

Irgendwann hören wir Schüsse und Trommeln. Ein Umzug zieht an uns vorbei. Ein spezieller Anblick erwartet uns. Vorne geht ein Mann, der wild um sich schiesst. Gefolgt von ein paar Männern mit Trommeln. Das Schlusslicht bilden einige Inderinnen. Auch hier ist den Indern keine Emotion anzusehen. Sie starren – so wie wir ihnen tagtäglich begegnen – vor sich hin. Keine Freude, Trauer, Wut oder Angst ist ersichtlich in ihrer Mimik. Einfach nur Starren. Das ist schon ungewöhnlich. Nachdem der Umzug vorbei ist, fallen wir in den Tiefschlaf.

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