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Km 23215 - Km 23713_Adelaide - Tooleybuc


Die Zeit in Adelaide war sehr schön und raste irgendwie an uns vorbei. Kaum hatten wir uns die Stadt angeguckt, waren nach Glenelg gefahren, beim Barbier gewesen, allerlei Krimskrams gekauft und fein gegessen, war es schon wieder Freitag und somit Zeit zum Weiterziehen.

Australien gefällt uns soweit ja super und so freuen wir uns auf die Strecke, die noch vor uns liegt. Gestartet wird relativ früh morgens in Richtung Osten. Wir verzichten darauf die Great Ocean Road zu pedalieren, waren schliesslich vor einigen Jahren schon da. Daher wollen wir diesmal noch etwas Anderes sehen und entscheiden uns für den Weg querfeldein.

Wir verlassen Adelaide über die Adelaide Hills. Wie der Name schon prophezeit, lacht uns eine starke Steigung an. Adelaide ist ein Radlerparadies und so können wir auf der gesamten Strecke getrennt von den Autos fahren. Der Aufstieg ist relativ anstrengend - die Aussicht macht das Ganze aber allemal wett. Wir befinden uns mitten im Wald und tief unter uns liegt das Meer, direkt an der Hauptstadt Südaustraliens. Megaschön. Auf der Strecke begegnen wir zum ersten Mal seit Wochen einigen Rennradlern. Fahrradfahren liegt hier voll im Trend - einfach halt solche mit Gepäck kriegen wir nicht zu Gesicht. Beinahe oben am ersten Hügel angelangt, hören wir ein lautes Rattern direkt über uns. Ein Arbeiter sitzt auf der Kufe eines Helikopters. Der Helikopter selbst fliegt ganz nah an die hiesigen Strommasten heran und das tapfere Arbeiterli befestigt neue Bommeli am Stromkabel, damit kommende Flugzeuge oder was auch immer die Leitung gut sehen können. Man weiss ja, dass die Bommelis irgendwie da hochmüssen, aber so live zu sehen wie der Mann die da in luftiger Höhe befestigt war schon ziemlich cool. Und zum Schluss flog er einen kleinen Bogen um uns herum und winkt uns zu. Soviel zu den kleinen Freuden eines Pédaleurs.

Der Freeway macht es uns heute nicht gerade leicht, auf unserer Strecke zu bleiben. Da wir natürlich nicht auf die Autobahn dürfen, schlängeln wir uns den ganzen Tag über auf Ausweichstrassen entlang der Hauptverkehrsachse. Die Route führt uns wie gesagt durch die bezaubernden Adelaide Hills, Sterling und Verdun mit ihren prächtigen Villen, blumigen Vorgärten und hoblalätz Limousinen. Mittendrin in Hahndorf legen wir eine Pause ein und bestellen uns im „White House“ ein paar Burger. Hahndorf ist ein Dorf, welches im Jahr 1839 von Deutschen Auswanderern besiedelt wurde. Alles ist Deutsch hier. Die Bäckerei, der Waffenshop, der Birkenstockladen und die Würste. Es ist eine richtige Touristenattraktion dieses Hahndorf. Und - die Burger waren grooosse Klasse. Beim Verlassen des Dorfes besuchen wir noch die Deutsche Bäckerei - der wohl vollste Laden in ganz Australien - wir stehen ungefähr zwanzig Minuten in der Schlange. Und fein waren sie, die Berliner. Mmmmh.

Es geht auf der Springs Road weiter hoch und runter via Mount Barker und Little Hampton, bis wir die Back Callington Road erreichen. Nun hört der Asphalt auf und vor uns liegt eine schottrige Strasse. Die Aussicht ist wundervoll. Es fühlt sich an, als würden wir uns in einem anderen Land - auf einem anderen Kontinent - befinden. Der Himmel ist blau, die Felder grün und unsere Strasse braun. Soweit das Auge reicht reiht sich ein Hügel an den anderen. Superschön. Und - wir sehen sogar eine Lama Herde. Geilo - bald können wir bei all den Tieren auf dieser Reise nicht mehr mitzählen.

Langsam aber sicher geht uns das heutige auf und ab in die Beine. Weit über 1000 Höhenmeter haben wir bis jetzt zurückgelegt und es ist kein Schlafplätzchen weit und breit zu entdecken. Als wir dann gegen späten Nachmittag den Old Princes Highway erreichen, wackeln schon langsam die Knie und die Wädli fühlen sich wie Pudding an. Kein Wunder - schliesslich liegen die letzten ernstzunehmenden Hügel dieser Art einige tausend Kilometer hinter uns. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir dann aber doch noch Murray Bridge und quartieren uns auf dem örtlichen Camping ein. Den restlichen Abend verbringen wir mit Kochen, Duschen und neue Pneus aufziehen. Und das neue Mätteli wird auch das erste Mal aufgepumpt. S'hebt no. Juhuuu.

So gern wir euch auch über die kommenden Kilometer amazing Pédaleursgeschichten berichten würden - wir müssen passen. Es passierte nicht viel Aufregendes. War zwar schön, aber zum Erzählen bleibt wenig. Lange währte die Fahrt über die Murray Bridge als Highlight des zweiten Fahrtages nach Adelaide. Den Tag über hatten wir leichten Gegenwind, spurten wieder auf dem Princes Highway ein und zählten Roadkill 455 in Australien. Wir sind noch etwas schlippschlapp von gestern und so suchen wir schon am frühen Nachmittag ein Plätzchen für die Nacht. Direkt an den Bahngeleisen werden wir fündig. Wir verbringen den Nachmittag auf unseren Stühlen mit Lesen und Mike bastelt aus der alten Schlafmatte einen Home Sweet Home Eingangsteppich. Hübsch geworden - schafft es aber wohl nicht bis nach Hause. Also der Teppich, Mike schon. Und dann, spät abends wird das heutige Highlight überboten. Wir sehen eine Sternschnuppe - nein, zwei. Juhuuuu. Fingercross, dass die Wünsche wahr werden. Aber pschschscht - die darf man nicht verraten.

Der folgende Tag steht unter dem Motto Regen, Regen, Regen. Es regnet was die Wolken hergeben. Frisch vom Südpol wehen die Tropfen eisigkalt auf uns nieder. Die Jacke von Arcteryx löst sich langsam aber sicher in ihre Bestandteile auf. Ob dem Regen lösen sich die geleimten Nähte auf. Bei einer Regenjacke - das muss man sich mal vorstellen. Der Reissverschluss ist so undicht, dass Mike innert wenigen Minuten pflotschnass ist und die Kapuze ist so geschnitten, dass ein Regenwasserbach direkt in den Kragen läuft. Uunglaublich. Pitschnass und durchfroren gönnen wir uns in Lameroo einen Zmittag im örtlichen Imbiss. Lameroo ist so klein, dass die Bedienung alle Kunden persönlich kennt. Da fallen wir natürlich auf und werden schnell in einige Gespräche verwickelt. Darunter ist auch eine Farmbesitzerin, die Deutsch-Österreichische Wurzeln hat und uns mit einem herzlichen Servus begrüsst. Sie hatte grosses Pech in den letzten Wochen, denn bei einem Unfall hat sie ihren Schal in einer Maschine verheddert und bei diesem Ungeschick ihren linken Daumen verloren. Aber sie scheint es mit Humor zu nehmen - jedenfalls ihr Freund - denn um uns gut Glück zu wünschen hält er den rechten Daumen und den linken Zeigefinger in die Höhe. Bei einem weiteren Päuschen entdecken wir den Wetterstein von Parilla. Der Stein hängt an einer Kette und zeigt - ähnlich wie ein Wetterfrosch - das aktuelle Wetter an. Und zwar so: ist der Stein trocken, dann scheint die Sonne; hängt er horizontal an der Kette, dann weht ein starker Sturm. Heute ist er nass - was bedeutet, dass es regnet. Jaja, die Farmer - ein lustiges Völkchen.

Wir befinden uns inzwischen auf dem Mallee Highway und schlagen unser Zelt auf dem Pinnaroo Campingplatz auf. Dieser bekommt von uns eine Auszeichnung. Es handelt sich nämlich um den Campingplatz, welcher es geschafft hat, so nah am Highway zu liegen, ohne dass man überfahren wird. Potzblitz - knappe drei Meter trennen unsere Zeltwand vom Pannenstreifen. Der Besitzer aber ist sehr, sehr herzlich und bietet uns - wegen dem Regen - an, dass wir in der Campingkitchen übernachten. Wir lehnen ab, denn das Stoffhüdeli hat bis jetzt noch immer stramm gehalten. Und so auch dieses Mal.

Im Verlauf der Nacht hört es auf zu regnen und am kommenden Morgen lacht uns wieder die Sonne an. Schon nach wenigen Kilometern erreichen wir die Grenze nach Victoria. Und wieder eine Zeitumstellung. Nummer drei auf diesem Kontinent. Die Landschaft ist noch immer sehr schön - es sieht ein bisschen aus wie Zuhause, nur die Berge im Hintergrund fehlen. Wir passieren grösstenteils bewirtete Landschaft, folgen dem Highway über sanfte Hügel und winken den grüssenden Autofahrern zurück. In Victoria scheint es wieder vermehrte Restareas für Camper zu geben, doch als es für uns drauf ankommt, haben wir wenig Glück. Wir suchen lange nach einem geeigneten Plätzchen - aber durch den Regen in den vergangenen Tagen hat sich der Boden in eine einzige Sandgrube verwandelt, sodass wir längere Zeit kein passendes Plätzchen finden. Nach etwas über 100 Kilometern werden wir in Walpeup dann doch noch fündig. Hier kann man für eine kleine Gebühr sein Zelt aufstellen und die öffentlichen Sanitäranlagen nutzen. Richtig praktisch. So stellen wir das Zelt auf, Kochen feine Pasta und plaudern etwas mit dem Mann, der hier nach dem Rechten sieht. Um das Genuschel zu verstehen brauchte es zwar relativ viel Fantasie, aber der Schwatz war trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen - lustig.

Wir sind ja nicht an einem Rennen und daher gönnen wir uns heute einen halben freien Tag. Nur dreissig Kilometer legen wir zurück, bis wir den Campingplatz in Ouyen erreichen. Hier wird erstmal gewaschen - läck, das war nötig. Danach wird alles getrocknet, einige Packtaschen repariert, die Sättel gefettet und das Necessaire genäht. So richtig Frei hat man halt doch nie. Und dann - dann verpasst Mike Schwarti noch ein paar Tattoos. Schwarti ist mittlerweile eine richtig geile Sau geworden.

Zum Abendessen gönnen wir uns heute etwas ganz Besonderes - wir grillieren unser Lamm selbst. Dazu gibt es noch Spargeln, Spaghetti und Babyspinat. Yummie. Und nach einem kurzen Abstecher zum Schoggiglace und Muffin verdrücken in der nahegelegenen Tankstelle ist der freie Tag schon wieder zu Ende und wir machen uns auf in den Schlafsack.

Wir schlafen gut und werden am nächsten Morgen von der strahlenden Sonne geweckt. Der Wind verspricht Gutes und so starten wir nach dem obligaten Feinschmeckerzmorgen mit Bohnen und Toast in den Tag. Auf dem Malleehighway fährt es sich super und wir können sogar eine ganze Weile lang nebeneinander pedalieren. Das Zmittagessen gibt es in Manangatang Burger vom Diner. Das Lokal steht direkt vis à vis der alten Metzgerei und neben dem Bäcker, welche beide vor über hundert Jahren ihre Tore zum ersten Mal öffneten und bis vor wenigen Jahrzehnten florierten. Durch die Hitze des heutigen Tages getrauen sich auch die Fliegen wieder nach draussen. Ach, sind die nervig. Kriechen sie einem nicht gerade ins Ohr, dann findet man sie im Nasenloch, unter der Sonnenbrille oder irgendwo am Mundwinkel. Grrrr!Ffff@#AAAHHH. Woooza. Kurz nach dem Mittag - und somit nur wenige Minuten vor dem Erreichen des heutigen Schlafortes - verlassen wir den Staat Victoria und überrollen den Murray River zum Staat New South Wales. Die Brücke ist eine der zwei letzten Originalen, die über diesen Fluss führen. Als Campingplatz suchen wir uns den Caravan Park Tooleybuc aus. Ein herziges Anwesen mit farbigen Campingwägelis, sauberen Sanitäranlagen, hübschen Blumen und ganz viel anderen Glitzerfreudebringer. Doch der Besitzer hat irgendwie etwas Essentielles falsch eingeplant. Für Camper, welche nicht einen festen Platz vor Ort haben, gibt es kaum Stellplätze. Uns bleibt ein kleines Rasenstück direkt an der Hauptverkehrskreuzung, unter der Strassenlampe. Hossa. Den Platz teilen wir schlussendlich noch mit einem freundlichen Australischen Ehepaar, welches ihren Camper Van heute das erste Mal ausführt. Nach einem kurzen Einkauf und anschliessendem Ausspannen auf dem eigenen Bänkli beschliessen wir, im Pub am Ende der Strasse etwas zu Essen. Der Pub ist vollgestopft mit Spielautomaten, Fernsehern, Bierplakaten und Where-the-F**k-is-Tooleybuc Shirts. Die Speisekarten sind im angrenzenden Raum in Kinderbücher geklebt. Dies schnallt einfach kein einziger der Gäste, da diese Speisekartenkinderbücher schlauerweise gefährlich nahe des Kindereckens - irgendwo zwischen Bauklötzen und Brettspielen - stationiert sind. Clever, clever. Anyways, wir entscheiden uns sowieso für das Tagesmenü. Lammkotelette mit Kartoffelstock. Was sonst. Das Essen bestellt man hier am Tresen. Am Essensbestelltresen. Die Getränke gibt es an der Bar. Dies, damit die minderjährigen Mitarbeiterinnen nicht mit Alkohol konfrontiert werden - soweit die Erklärung. Das fünfzehnjährige Mädchen treffen wir aber dann hinter der Getränkebar an, wo sie an die lokale Bevölkerung fleissig Alkohol in rauen Mengen ausschenkt. Dass diese Mädchen hier arbeiten, hat übrigens einen interessanten Hintergrund. Sie leben allesamt im Outback und werden in einem bestimmten Alter in grössere Orte - Tooleybuc hat eine Einwohnerzahl von knapp 1'000, wenn man die Haustiere mitzählt - damit sie sich langsam an Menschenmengen gewöhnen können und sich in späteren Jahren während dem Studium oder sonst was in den Grossstädten Melbourne oder Adelaide behaupten können. Wir warten etwas über eine Stunde auf unser Essen und nutzen die Zeit um die anderen Gäste zu beobachten. Mal ehrlich - da entstehen doch immer die besten Geschichten.

Und auch heute ist es nicht schlecht, denn wir werden Zeugen eines ganz besonderen Dates. Eine Thailänderin trifft ihren zukünftigen Liebsten in dieser Kneipe. Begleitet werden sie von der Vermittlerin. Wie das Treffen genau lief, können wir nicht beurteilen. Lag nicht daran, dass wir nichts verstanden hatten - es wurde einfach nichts gesprochen. Tja. Liebe auf den ersten Blick - manchmal braucht es einfach keine Worte. Amor scheint hier in der Gegend übrigens sowieso in grossen Bögen zu schiessen. In Ouyen sind uns auf acht Einwohner drei Australisch-Thailändische Pärchen begegnet. Anders als in anderen Ländern, welche wir im Verlauf der letzten Monate durchreisten, sind hier die Paare übrigens im gleichen Alter und wirken sehr zufrieden. Wir verteilen einen grooossen Pluspunkt.

Das Essen schmeckte grossartig - soweit wir das beurteilen können, wir waren vor lauter Warterei und Hunger nämlich nicht mehr so richtig zurechnungsfähig. Aber - die Bäuche hats jedenfalls gefüllt. Zurück beim Zelt wollen wir uns eigentlich verkriechen, aber das Stoffding macht es uns in letzter Zeit nicht einfach. Schon seit Beginn der Reise haben wir immer mal wieder ein Hühnchen damit zu rupfen. Mal gehen Nähte auf und werden durch Ameisen besiedelt, dann steht durch einen Herstellungsfehler das ganze Innenzelt unter enormer Spannung, sodass wir die Haken lösen müssen und nun reisst uns auch beinahe noch der Reissverschluss auf. Immer wieder lösen sich die Zähne auseinander und der Verschluss öffnet sich da, wo er gerade Lust hat. Wir bangen etwas, dass der gesamte Reissverschluss auf einmal Tschüss sagt und wir zukünftig im Hause Durchzug übernachten müssen. Immerhin ist es dicht. Ist schon ärgerlich, dass gerade die renommierten und teuersten Produkte uns so sehr im Stich lassen. Es geht uns gar nicht unbedingt um das Geld - wir lassen uns einfach irgendwie ungern verscheissern. Ihr lieben Hersteller - nehmt euch mal ein Beispiel am Tiefgfrührbüteli von der Migros. In diesem transportieren wir nämlich seit nun beinahe achtzehn Monaten bei Regen, Schnee, Sonnenschein und Wüstenstaub unser Toilettenpapier aussen am Schletzgummi - und das Beutelchen hält und hält und hält.

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